: Rauchen: Beim Bier ja, beim Steak nein
CDU und SPD haben gestern vereinbart, dass Qualmen in Restaurants und Diskos grundsätzlich tabu ist. In Kneipen und Bars ist es allerdings weiterhin erlaubt. Außerdem sollen Jugendliche unter 18 Jahren gar keine Zigaretten mehr kaufen dürfen
AUS BERLIN GEORG LÖWISCH
In Restaurants und Diskos soll Rauchen grundsätzlich verboten werden, nicht aber in Bars und Kneipen ohne Speiseangebot. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den sechs Politiker der großen Koalition aus Union und SPD ausgehandelt haben. Darüber hinaus sollen Jugendliche erst ab 18 Jahren Zigaretten kaufen dürfen und nicht mehr ab 16. Auch in Schulen, Unis, Krankenhäusern, Sportstätten und -bahnen soll Rauchen verboten sein. Jedoch sind teils Raucherräume erlaubt.
Damit erzielten die Unterhändler nach wochenlangem Feilschen einen Kompromiss. Er geht deutlich weiter als die ursprünglich von Koalitionspolitikern übernommenen Vorschläge des Verbands der Cigarettenindustrie. Allerdings fällt der Vorschlag auch hinter einem parteiübergreifenden Gruppenantrag, der ursprünglich das Rauchen in der gesamten Gastronomie verbieten wollte. „Es gibt einige Dinge, die ich gern vermieden hätte“, sagte der SPD-Politiker Lothar Binding der taz. Auf ihn geht die Anti-Qual-Initiative zurück. „Insgesamt bin ich aber zufrieden.“ Das Gesetz solle Anfang des Jahres in den Bundestag eingebracht werden und Mitte 2007 in Kraft treten.
Offen gelassen haben die Unterhändler die heikle Frage, wie die zulässige Raucherräume in Restaurants ausgestattet werden müssen. In Italien verlangt das Gesetz so teure Lüftungen für Raucherräume, dass die meisten Wirte auf solche Räume verzichten. Die Ausgestaltung von Raucherzimmern soll die Bundesregierung per Verordnung bestimmen dürfen. Im Gesetzentwurf ist laut Binding von abgeschlossenen Räumen die Rede.
Auch von der Frage, ob in den Raucherräumen serviert werden darf, ließen die sechs Politiker lieber die Finger. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Carola Reimann – nicht mit am Verhandlungstisch – verlangte, es müsse geklärt werden, ob die Raucherräume Selbstbedienungsbereich werden oder das Personal dort rein muss. „Mir wäre lieb, das den Gaststätten nicht selbst zu überlassen“, sagte Reimann der taz.
Viel hängt auch an der Unterscheidung zwischen Restaurants, in denen Rauchverbot herrscht, und Kneipen, in denen Rauchen erlaubt sein soll. Zur Definition soll das Gaststättenrecht dienen. Es unterscheidet zwischen „Speisewirtschaften“, in denen „zubereitete Speisen“ angeboten werden, und „Schankwirtschaften“, in denen „Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden“. Reimann sagte: „Es muss definiert werden: Ist ein heißes Würstchen ein Snack oder eine zubereitete Speise?“
Das Deutsche Krebsforschungszentrum begrüßte die Einigung. „Es ist ein großer Schritt“, sagte die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention, Martina Pötschke-Langer. Allerdings müssten in einem zweiten, zeitnahen Schritt die gesamte Gastronomie rauchfrei werden. „Der Gesundheitsschutz umfasst die gesamte Bevölkerung, unabhängig davon, wo sich ein Bürger befindet.“ Die Grünen missbilligten, dass in den Bars alles so bleibe, wie es ist, da gerade dort am meisten geraucht werde. Die Linkspartei-Politikerin Martina Bunge jubelte zwar, dass die Koalition „endlich Nägel mit Köpfen“ machen wolle. Sie befürchtet aber, dass die Ausnahmen der Tabaklobby noch Ansatzpunkte zur Verwässerung bieten.
Strittig war stets auch die Frage, ob der Bund überhaupt zuständig ist: Das Gaststättenrecht ist seit der Föderalismusreform Ländersache. Bis auf das Verkaufsverbot für unter 18-Jährige, das im Jugendschutzgesetz geregelt werden soll, berufen sich die Koalitionäre deshalb auf die Bundeskompetenz für den Gesundheitsschutz nach Artikel 74 Grundgesetz. Der Frankfurter Juraprofessor Helmut Siekmann sagte der taz, dies sei sinnvoll. Allerdings könne eine Differenzierung zwischen den Gaststättentypen Abgrenzungsproblemen bringen. „Wenn der Gesetzgeber differenziert, ist er gut beraten, möglichst trennscharf zu definieren.“ Wenn man Ausnahmen zulasse, könne das problematisch sein, da ein sachlicher Grund fehle, Arbeitnehmer unterschiedlich zu behandeln.