: Wie das Fahrrad in die Ferne kommt
RADBEFÖRDERUNG Wer mit dem Rad verreisen will, hat in vielen Zügen schlechte Karten. In diese Servicelücke könnten die neuen Fernbus-Angebote vorstoßen
VON HEIDE REINHÄCKEL
Der alljährlich im Frühling gefeierten Wiederentdeckung des Fahrrads als urbanes Fortbewegungsmittel folgen in den Stadt- und Lifestylemagazinen recht bald die Tipps für die besten Radstrecken. Und einige davon sind ja durchaus auch zu gebrauchen: Hier geht’s zu den Sommerbadeseen, dort gibt es Kurzausflüge ins grüne Wochenendglück. Doch wer als Radfahrer nicht nur die städtische Kurzstrecke oder den kleinen Ausflugskick will, sondern mit dem Rad quer durch Deutschland reisen und dabei Rad fahren mit Bus und Bahn verbinden möchte, hat es nicht immer leicht. Radreisende erleben oft genug, dass ihr mobiler Untersatz nicht immer und überall geduldet wird.
Will man beispielsweise Fahrrad und Schiene kombinieren, so stehen einem bei der Deutschen Bahn AG dafür nicht besonders viele Waggontüren offen. Denn obwohl die Bahn und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) beschlossen haben, im Rahmen einer Mobilitätspartnerschaft verstärkt zusammenzuarbeiten, hat die Bahn ein recht überschaubares Angebot für die Fahrradmitnahme. Im Nahverkehr ist das zumeist problemlos möglich, Mehrzweckabteile bieten hier den Zweirädern ausreichend und sicheren Platz.
Erheblich anders sieht die Sache schon aus, wenn man nicht nur mit dem Regionalzug von Berlin nach Eberswalde oder von Stuttgart nach Tübingen fahren will: Im Fernreisebereich verdünnt sich das radfreundliche Angebot rasant. Bei schnelleren Zügen und weiteren Strecken werden Fahrräder nur im Intercity oder Eurocity befördert. Radreisende benötigen dafür eine Fahrradkarte und eine Stellplatzreservierung, die im Voraus gebucht werden müssen, was die Spontanität erheblich einschränkt. Für 9 Euro (6 Euro mit BahnCard) kann dann das Fahrrad mitgenommen werden.
Im Intercity-Express (ICE), dem Flaggschiff der Bahn für die schnellsten und wichtigsten Städteverbindungen, kann das Fahrrad dagegen nur mitgenommen werden, wenn es auseinandermontiert und verpackt ist und dabei die Größe eines herkömmlichen Gepäckstücks nicht überschreitet – ein kaum zu vertretender Aufwand. Nur Besitzer von Klapprädern haben es da leichter: Diese können als herkömmliches Handgepäck kostenfrei verstaut werden. Doch abgesehen von diesen beiden Varianten schließen sich Radmitnahme und ICE aus – was seit Jahren von zahlreichen Verfechtern moderner Mobilitätskonzepte als unflexibel und nicht zeitgemäß kritisiert wird.
Abhilfe für Reisende, die nicht aufs Fahrrad verzichten wollen, versprechen nun die neuen Fernbuslinien. Seit Januar 2013, als der Markt für Fernbuslinien liberalisiert worden ist und die Deutsche Bahn ihr bisheriges Monopol verloren hat, macht sich auch in Deutschland eine gewisse Greyhound-Romantik bemerkbar: Im Jahr 2013 traten 8,3 Millionen Reisende eine Fernbusreise an. Der mit zahlreichen journalistischen Selbstversuchen begleitete Start der privaten Fernbusanbieter scheint sich zu einer Erfolgsgeschichte zu entwickeln, an der auch die Reiseradler partizipieren könnten. „Momentan gibt es mehr als 240 genehmigte Fernbuslinien und ungefähr 40 Unternehmen, die diese Linien betreiben. Die Möglichkeit zur Fahrradmitnahme hängt dabei vom jeweiligen Unternehmen ab, aber grundsätzlich ist die Branche dafür offen“, sagt Matthias Schröter, Pressesprecher beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo).
Schon ist ein deutschlandweites Fernbusliniennetz entstanden, das insbesondere die gefragten Städteverbindungen abdeckt – als Ergänzung des ICE-Streckennetzes oder eben als Alternative. Über die Möglichkeit der Fahrradmitnahme können sich Reisende relativ leicht im Netz bei Vergleichsportalen wie beispielsweise www.fernbusse.de oder www.checkmybus.de informieren. Diese erlauben nicht nur die Recherche nach Busverbindungen und Preisvergleichen, sondern zeigen auch mit einem kleinen Fahrrad-Icon an, ob das Zweirad erwünscht ist. Dies ist zum Beispiel bei größeren Anbietern wie der Bahntochter BerlinerLinienBus oder dem ADAC Postbus der Fall: „Grundsätzlich können bei der Busflotte des ADAC Postbusses pro Bus auf allen Strecken drei bis maximal sechs Fahrräder gegen ein Entgelt von jeweils 10 Euro befördert werden. Die Bustickets können online gebucht werden, in unseren Filialen oder auch noch beim Busfahrer vor Fahrtantritt“, erläutert Alexander Edenhofer, Sprecher beim ADAC-Postbus.
Damit entsprechen die Kosten für die Radmitnahme in den Fernbussen in etwa denen der Deutschen Bahn. Mit dem nicht unwesentlichen Unterschied, dass das Streckenangebot attraktiver ist und mehr Raum für Spontaneität bleibt. Sofern noch Platz im Bus vorhanden ist.