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Archiv-Artikel

Der Norden wartet auf das Wunder aus Berlin

Die Kosten des G-8-Gipfels in Mecklenburg-Vorpommern machen Ministerpräsident Harald Ringstorff zu schaffen

Von DAS

BERLIN taz ■ In Mecklenburg-Vorpommern schlägt sich die neue rot-schwarze Koalition mit einer Altlast herum. Seit dem Regierungsantritt vor einem Monat gibt es nur ein Thema: Ministerpräsident Harald Ringstorff und die horrenden Kosten des G-8-Gipfels im Sommer 2007 in Heiligendamm.

Gestern wollte die Opposition von Ringstorff wissen, ob er wusste, dass der Gipfel 92 Millionen teuer würde. In einem gemeinsamen Ausschuss fragten die Innen- und Finanzexperten, ob er dies vor der Wahl im September verschwiegen hat. Ringstorff gab zu, seit diesem Frühjahr von den Kosten gewusst zu haben. „Wir glauben, dass ihm die Summe sogar schon seit Jahresanfang bekannt war“, sagte Gino Leonhard, Parlamentarischer Geschäftsführer der Landes-FDP, nach der Sitzung der taz. „Diese Zahl sollte nicht vor dem Wahlkampf bekannt werden.“

Der ehemalige Koalitionspartner PDS redet inzwischen gar von einem „zerstörten Vertrauensverhältnis“. Denn natürlich können die Sozialisten nicht ignorieren, dass sie irgendwie auch mitregiert haben, als Berlin im Januar 2005 mitteilte, der nächste G-8-Gipfel werde in Heiligendamm abgehalten. Und die PDS beschloss im Dezember 2005 gemeinsam mit Ringstorffs SPD, für Heiligendamm nur 10 Millionen in den Haushalt einzustellen. Damals war bereits bekannt, dass der Gipfel im schottischen Gleneagles mehr als 90 Millionen verschlungen hatte. „Dass es sehr viel teurer wird, haben wir gewusst“, gibt Peter Ritter, Landesparteichef und Innenexperte der Fraktion, denn auch zu. „Aber die SPD hat uns immer erzählt, dass Berlin die restlichen Kosten übernimmt.“ Fakt ist allerdings, dass das Bundesfinanzministerium in den letzten Wochen immer wieder betont hat, es wisse von einer Zusage an Ringstorff nichts. Die PDS klagt, sie sei betrogen worden. Inzwischen hat der Bund zwar zugesagt, 25 Millionen zu übernehmen, Mecklenburg-Vorpommern würde aber auch am Rest von knapp 70 Millionen zu knabbern haben. Bisher konnte Ringstorff nicht erklären, wie er dieses Geld aufbringen will. Stattdessen agiert er wie der Prediger einer Endzeitkirche: Er kündigt immer wieder an, dass Erlösung aus Berlin kommen werde. Ende November sollte es wieder einmal so weit sein. Doch der Bund schickte kein Geld. Daraufhin verlegte Ringstorff den Termin für den finanziellen Segen flugs auf heute.

Bisher macht seine Koalition diese Politik der Heilserwartung mit. Gestern erklärten CDU und SPD wieder einmütig ihre Begeisterung über „die sachliche politische Auseinandersetzung“ und forderten eine „gerechte Kostenteilung zwischen Bund und Land“. Ob die Opposition gegen diese „Augen zu und durch“-Mentalität noch etwas tun will, entscheidet sie in den nächsten Tagen. Sie könnte einen Untersuchungsausschuss einberufen. PDS-Chef Ritter will nur dann einen Ausschuss unterstützen, wenn die Liberalen diesen beantragen. Und deren Geschäftsführer, Gino Leonhard, möchte ungern „etwas anfangen, bei dem vielleicht nur wenig herauskommt“. Aber vom Tisch sei der Ausschuss noch nicht. DAS