: Hier fliegt niemand
FLUGHAFEN BER Eine Taskforce soll prüfen, ob der Korruptionsfall der einzige war. Die Auswirkungen auf den Zeitplan sind unklar
HARTMUT MEHDORN ZUM ZEITPLAN
AUS BERLIN BERT SCHULZ
Hartmut Mehdorn bleibt Flughafenchef und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft: Das sind die beiden offensichtlichsten Ergebnisse einer Sondersitzung des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft am Montagmorgen. Sie sind wenig überraschend: Nach der jüngsten Panne beim Bau des BER waren die schon obligatorischen Rücktrittforderungen vergleichsweise leise geblieben – obwohl der Anlass des Treffens wirklich außerordentlich war. Denn für Korruption war das berühmt-berüchtigte Großprojekt der Länder Berlin und Brandenburg sowie des Bundes bisher nicht bekannt gewesen.
Seit Mitte vergangener Woche ist klar, dass die zuständige Staatsanwaltschaft in Neuruppin gegen Technikchef Jochen Großmann ermittelt. Er soll für die Vergabe eines lukrativen Auftrags 500.000 Euro Schmiergeld verlangt haben – es ging ausgerechnet um die Brandschutzanlage, deren Technik für zahlreiche Verzögerungen verantwortlich gemacht wird. Eigentlich hätte der Flughafen bereits 2012 eröffnet werden sollen. Seitdem mussten mehrere Starttermine abgesagt werden.
Nach Auskunft der Flughafengesellschaft hat sich der Verdacht gegen Großmann inzwischen erhärtet. Seine 15 Mitarbeiter am Flughafen wurden vorerst freigestellt, ebenso er selbst. Und der Aufsichtsrat hat am Montag beschlossen, dass eine sogenannte Taskforce aus Juristen und Korruptionsbekämpfern sämtliche Vergaben, mit denen Großmann betraut war, untersuchen soll. Für die nächste Sitzung des Gremiums Ende Juni ist ein Zwischenbericht angekündigt. Klaus Wowereit hatte vor der Sitzung die „restlose Aufklärung des Korruptionsfalles“ gefordert. Das Ganze sei „ein schlimmer Vorgang“. Mehdorn schloss weitere Unregelmäßigkeiten nicht aus: „Wenn da noch was ist, werden wir das finden.“
Großmann hatte sich dafür eingesetzt, dass die Brandschutzanlage teilweise umgebaut wird – an diesen Vorschlägen hält die Flughafengesellschaft weiter fest. „Die Systeme müssen vereinfacht werden, die Anlagen besser beherrschbar gemacht werden“, so Mehdorn am Montag. Das gelte auch weiterhin. Er widersprach aber ausdrücklich Gerüchten, dass die komplette Anlage auf dem Prüfstand stehe.
Ob der Korruptionsfall Auswirkungen auf den BER-Zeitplan habe, werde derzeit „überprüft“, so Mehdorn weiter. Bisher hatte er angekündigt, Ende diesen Jahres einen Eröffnungstermin zu nennen. In Berliner Senatskreisen geht man derzeit kaum noch davon aus, dass der Flughafen vor der nächsten Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2016 fertiggestellt werden kann.
Der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses des Berliner Parlaments, Martin Delius, hält die Einsetzung der Taskforce für eine halbgare Nummer, solange die Planungen Großmanns weiter baulich umgesetzt würden. Der Piraten-Politiker warf der Flughafengesellschaft zudem „mangelhaftes Controlling von Vergaben und Personalentscheidungen“ vor. Großmann war erst vor einem Jahr von Mehdorn geholt worden. In der Vergangenheit mussten mehrere Mitarbeiter in entscheidenden Positionen rasch wieder gehen – das sei ein wesentlicher Grund für die Misere auf der Baustelle, so Delius. Er verlangte zudem, den Auftrag des Untersuchungsausschusses auf die Gegenwart auszuweiten, wogegen sich die regierende SPD/CDU-Koalition noch sperre.
Völlig offen sind die Auswirkungen der Korruptionsaffäre auf die Kosten des Flughafens. Lagen diese Mitte 2012 noch bei rund 2,4 Milliarden Euro, wurde nun offiziell die Zahl 4,3 Milliarden genannt. Ziemlich sicher ist: Die werden nicht reichen.