: Bahn soll investieren statt sparen
S-BAHN Bundesregierung ruft den Bahnvorstand zum Krisengespräch – und fordert sichtbare Investitionen ins Material. Der Staatssekretär gibt Kundenzufriedenheit als neues Ziel aus
Die Bundesregierung will die Deutsche Bahn angesichts des Chaos bei der Berliner S-Bahn zu massiven Investitionen drängen. „Unsere Botschaft an den Bahn-Vorstand ist: Das rollende Material muss besser werden – und das geht nur mit neuen Zügen“, sagte Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle gestern in Berlin. Der Staatssekretär will heute mit Bahnchef Rüdiger Grube und dem für den Personenverkehr zuständigen Vorstand Ulrich Homburg über die Probleme vor allem bei der S-Bahn sprechen.
In Berlin ist wegen gefrorener Weichen, Motorschäden und Wartungsstau zwischenzeitlich nur eine von drei S-Bahnen gefahren. Manche Strecken wurden gar nicht mehr bedient. Bundesweit riet die Bahn gar ganz von Zugreisen ab. Scheurle sprach von einem „Investitionsstau“ sowohl bei der Bahntochter S-Bahn Berlin als auch im bundesweiten Regional- und Fernverkehr. Es sei „in höchstem Maße erstaunlich“, was für Material auf den Schienen rolle.
Das Plädoyer für mehr Kundenzufriedenheit deutet auf eine Wende in der Bahnpolitik der Bundesregierung hin. Jahrelang trimmte die Politik den Staatskonzern auf Börsenkurs. Die Folgen der Sparwut sind in diesem Winter bundesweit sicht- und spürbar. Züge kommen schon bei wenigen Minusgraden Stunden später, bleiben auf offener Strecke liegen oder fallen ganz aus. Nun gestand Scheurle, ein bekennender Privatisierungs-Fan, die Bahn müsse „erst einmal vernünftig dastehen“.
Zugleich verteidigte er aber Pläne, bis 2014 jährlich 500 Millionen Euro an Gewinnen von der Bahn zu fordern. Zum einen erwirtschafte die Bahn vor allem mit ihrer Logistiksparte so viel, dass dies zuzumuten sei. Zum anderen flössen jährlich mehr als 16 Milliarden Euro aus verschiedenen Regierungs-Töpfen an die Bahn.
Beim Bahnvorstand will der Staatssekretär nun den Druck erhöhen, gerade auch im Land Berlin sichtbar aktiv zu werden. „Wenn ich Vorstand wäre, würde ich notfalls selber eine Schippe in die Hand nehmen und zu so einer Weiche gehen“, sagte Scheurle. KRISTINA PEZZEI