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Archiv-Artikel

Frau Doktor wird kleingekocht

Das erfolgreiche „Berliner Programm“ zur Frauenförderung in Forschung und Lehre muss ab 2007 mit der Hälfte des Geldes auskommen. Die Nachwuchsforscherinnen können nicht mehr auf Stipendien, sondern nur auf „bessere Strukturen“ hoffen

von MARTIN KAUL

Für Nachwuchsforscherinnen stehen schlechte Zeiten an. Dem angesehenen „Berliner Programm“ zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre bricht ab dem kommenden Jahr das Geld weg. Statt wie bislang 3 Millionen Euro jährlich ausgeben zu können, muss sich die Kommission dann mit etwa 1,5 Millionen Euro im Jahr zufriedengeben. Die Opfer des schmaleren Geldsockels sind potenzielle Stipendiaten. Denn die Studienbeihilfe für promovierende und sich habilitierende Nachwuchswissenschaftlerinnen wird wegfallen.

Grund ist das Auslaufen des Hochschulsonderprogramms von Bund und Ländern Ende 2006. Bislang finanzierte sich das Programm mit etwa 1 Million Euro durch den Senat und einer halben Million durch die Hochschulen. 1,5 Millionen Euro kamen vom Bund. Mit Ablauf des Hochschulsonderprogramms fällt dieser Anteil ab 2007 weg.

Bislang wurden im Rahmen des 2001 gestarteten Programms etwa 350 Stipendien an junge Frauen vergeben – gezielt in Übergangsphasen, in denen der Karriereknick besonders nahe lag. Auch konnten besonders Frauen in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern gefördert werden – wo es sonst an Frauen mangelt.

Wie erfolgreich das Berliner Programm wirkt, zeigen die Zahlen: In der Beteiligung von Frauen im Forschungsbereich liegt das Land Berlin im Vergleich klar vorne. Während im Bundesdurchschnitt 2005 nur 23 Prozent aller Habilitationen von Frauen abgelegt wurden, waren es in Berlin 29,3 Prozent. Wohlgemerkt: Damit liegt die Beteiligung noch weit unter einem Drittel. Der Rest sind Männer. Doch: Noch im Jahr 2000 lag die Berliner Quote habilitierter Frauen bei 23,6 Prozent. Bei den Promotionen konnte die Beteiligung im selben Zeitraum von 38,2 Prozent auf 44 Prozent gesteigert werden. Im Bundesdurchschnitt liegt diese Zahl bei nur 39,6 Prozent.

Frauensenator Harald Wolf will nun dafür kämpfen, dass auch weiterhin Gelder des Bundes fließen. „Wir müssen im Rahmen der anstehenden Verhandlungen zum Hochschulpakt weitere Bundesmittel für das Berliner Programm einwerben“, sagte er gegenüber der taz.

Ob das sein Kollege, Bildungssenator Jürgen Zöllner, auch so sieht, ist allerdings ungewiss. Denn laut dessen Sprecher war das Programm auf sechs Jahre angelegt und wird nicht weitergeführt. Zwar verhandeln derzeit die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern im Rahmen des Hochschulpakts 2020 über künftige Kooperationen. Der Hochschulpakt hat jedoch die Zielsetzung, der wachsenden Studierendenzahl in den kommenden Jahren gerecht zu werden. Frauenförderpläne stehen da nicht auf dem Programm. Diese Neukonzeption aufgrund der Föderalismusreform und der neuen Zuständigkeit der Länder in der Hochschulpolitik macht es schwerer, weiterhin an Bundesgelder heranzukommen. Ob die 1,5 Millionen Euro Bundesmittel also tatsächlich kommen, ist mehr als fraglich.

„Aufgrund der bislang sehr erfolgreichen Nachwuchsförderung haben wir den zukünftigen Schwerpunkt des Programms auf die weitere Entwicklung der Hochschulstrukturen gelegt“, verteidigt Helga Voth von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen und Mitglied der Auswahlkommission die Verteilung der Gelder.

Doch das sehen Lehrende anders: „Es ist das Stipendienprogramm, das gerade Querdenkerinnen in den Wissenschaften begünstigt hat“, sagt Elisabeth Meyer-Renschhausen, Sprecherin der Initiative Berliner Privatdozenten. „Wer nur Strukturen fördert, fördert Konformität.“