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Archiv-Artikel

„Mit Einschränkung geeignet“Ein neues Handbuch gibt Anleitung zur Selbstmedikation und entmystifiziert so manches Hausmittel

Halsentzündungen:

Die häufig gekauften roten Lutschtabletten neo-angin sind laut Stiftung Warentest bei Halsentzündungen „wenig geeignet“, weil die therapeutische Wirksamkeit „nicht ausreichend“ nachgewiesen sei. „Halsentzündungen werden meist durch Viren verursacht, gegen die Antiseptika lückenhaft oder gar nicht wirksam sind.“ Das trifft auch auf alle anderen getesteten Präparate wie Dorithricin- und Lemocin-Halstabletten oder Hexoral-Spray zu. Einzig den „frubizin akut“-Lutschtabletten wurde attestiert, „mit Einschränkung“ zur Schmerzlinderung bei Halsentzündungen geeignet zu sein. Allerdings kann das Mittel „den Geschmack verändern und die Zunge vorübergehend taub“ machen.

Erkältungen:

Die beliebten pflanzlichen Mittel wie Echinacea-Tropfen oder Esberitox-Tabletten, die aus Auszügen von Purpursonnenhutkraut bestehen, bekommen nur ein „mit Einschränkung geeignet“ in der Bewertung. Die „bislang vorliegenden Studien reichen nicht aus, um die therapeutische Wirksamkeit abschließend nachzuweisen“, heißt es. Verschiedene Studien zeigten allerdings, „dass Echinacea das Immunsystem aktivieren kann – vor allem dann, wenn es nicht durch Krankheitsprozesse geschwächt ist“. Eine Studie an Kindern zeigte keine messbaren Verbesserungen durch das Präparat.

Schnupfen:

Emser-Inhalationslösung, -Nasentropfen und -Nasensalbe erweisen sich als „geeignet“. Auch das Nasenspray ratiopharm erntet ein „geeignet“. Zur Behandlung von Nebenhöhlenentzündungen ist das Spray nur „mit Einschränkung geeignet“.

Husten:

Die getesteten rezeptfreien Medikamente erwiesen sich bestenfalls nur als „mit Einschränkung“ geeignet, so Gelomyrtol, Mucosalvan, Tussamag oder Thymipin, die in Form von Säften, Tropfen oder Dragees auf den Markt kommen. Einzig die Tussed-Dragees und -Säfte sowie die Lutschpastillen Wick Formel 44 plus werden als „geeignet“ bewertet, zur „kurzfristigen Behandlung bei Reizhusten ohne Auswurf“.

Schmerzen, Fieber:

Bei Schmerzen und Fieber zeigten sich Ibuprofen, Dolormin und Paracetamol als „geeignet“. Ebenfalls „geeignet“ sind ASS-ratiopharm und Aspirin, die den Wirkstoff Azetylsalizylsäure enthalten. Allerdings verzögert dieser Wirkstoff die Blutgerinnung. Also besser kein Aspirin einnehmen, wenn wie bei Zahnschmerzen ein Eingriff bevorstehen könnte. Mischpräparate wie etwa Spalt-“ Schmerztabletten oder Thomapyrin, die Azetylsalizylsäure plus Paracetamol oder gar noch Koffein enthalten, werden hingegen als „wenig geeignet“ bewertet. Die Kombinationen böten keinen „zusätzlichen therapeutischen Vorteil“. Geeignete Mittel mit nur einem Wirkstoff seien „vorzuziehen“, rät das Handbuch.

Schlafstörungen,

depressive Verstimmungen:

Unter den rezeptfreien Medikamenten gilt Hoggar N mit dem Wirkstoff Doxylaminsuccinat bei Schlafstörungen als „mit Einschränkung“ geeignet. Die schlaffördernde Wirkung ist bekannt, allerdings soll man das Mittel nur einige Tage anwenden. Auch Baldrian-Dispert und andere Baldrian-Präparate bekommen ein „mit Einschränkung“ geeignet. Die schlaffördernde Wirkung von Baldrianpräparaten werde in einigen Untersuchungen als „schwach bis kaum nachweisbar“ eingestuft, heißt es im Handbuch.

Der Wirkstoff Johanniskraut ist in Esbericum forte, in Hyperforat 250 mg, in Jarsin und in Johanniskraut-ratiopharm 425 enthalten. Diese Medikamente gelten als „geeignet“ zur Behandlung leichter, vorübergehender depressiver Verstimmungen. Bei Behandlung mit Johanniskraut ist darauf zu achten, dass täglich etwa 900 Milligramm des Wirkstoffes aufgenommen werden sollten und das über mehrere Wochen lang. Man sollte sich in dieser Zeit keiner intensiven UV-Bestrahlung aussetzen, denn Johanniskraut erhöht die Lichtempfindlichkeit.

Wechseljahresbeschwerden:

Häufig gekaufte Medikamente wie Remifemin mit einem Extrakt aus dem Traubensilberkerzen-Wurzelstock werden als „wenig geeignet“ zur Behandlungen von Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Schweißausbrüchen bewertet. Zwar „legen“ die bisherigen Untersuchungen „nahe“, dass der Extrakt bis zu einem gewissen Grad unterstützend wirkt, bei längerer Einnahme gebe es aber Risiken für Frauen mit Leberschäden und Krebserkrankungen, heißt es im Handbuch:

Studien an Sojaprodukten, die als „pflanzliche Östrogene“ bezeichnet werden, konnten bisher „keinen nennenswerten Einfluss“ auf Wechseljahresbeschwerden bestätigen.

„Handbuch Selbstmedikation“. Stiftung Warentest, Berlin 2006, 752 Seiten, 34 € BARBARA DRIBBUSCH