: „Rassistische Ideologie“
SCHULPOLITIK Diskussion über Waldorf-Experiment an einer Wilhelmsburger Grundschule
■ 64, Volkswirtin, hat von 1992 bis 2012 die „Arbeitsstelle Scientology“ der Innenbehörde geleitet.
taz: Frau Caberta, warum sind Sie gegen den Schulversuch mit waldorfpädagogischen Elementen, den die Ganztagsschule Fährstraße im Herbst beginnt?
Ursula Caberta: Da brauche ich nur einen Satz des Anthroposophen Rudolf Steiner, des Begründers der Waldorf-Pädagogik, zu zitieren: „Schon der Einwand: ,Ich kann auch irren‘ ist störender Unglaube.“
Und wie steht es um seine Pädagogik?
Der Esoteriker Steiner lehrte, dass Kinder in Stufen lernen: Erst bekommen sie den physischen Körper, in den nächsten sieben Jahren den Astralkörper. Dann erst sind sie lernfähig. Für eine Grundschule – noch dazu in Wilhelmsburg, wo viele Migrantenkinder leben, die im Deutschen ja eher gefördert werden müssten – ist das verheerend.
Inwiefern?
Weil man Waldorf-Kindern verspätet Lesen und Schreiben beibringt. In der Tat haben die Waldorf-Pädagogen für die Schule Fährstraße durchgesetzt, dass die Lese- und Schreibfähigkeit der Kinder im zweiten Schuljahr nicht überprüft wird – eine hamburgweite Ausnahme. Das kann nur bedeuten, dass diese Kinder im zweiten Schuljahr nicht lesen und schreiben können.
Aber ist das langsamere Lernen wirklich gefährlich?
Nein, aber die zugehörige Ideologie. Die Anthroposophie ist ja eine Art weltanschaulicher Religion. Nun haben wir in Wilhelmsburger aber viele muslimische Eltern, und ich frage mich: Hat die Schulbehörde ihnen mitgeteilt, welche Ideologie hinter der Waldorf-Pädagogik steckt?
Nämlich welche?
Steiner vertrat unter anderem eine Rassenideologie, von der sich die deutschen Anthroposophen nie distanziert haben. Einige Waldorf-Schulbücher wurden auf die Liste jugendgefährdender Schriften gesetzt.
Sollte man die Anthroposophen als rassistische Sekte verbieten?
Man muss nicht gleich alles verbieten, aber ich moniere, dass dieses Experiment an einer staatlichen Schule passiert.
Aber in Hamburg existiert seit 1945 eine weitere staatliche Schule mit Waldorf-Pädagogik: die Albert-Schweitzer-Schule.
Da stimmt. Aber ich habe noch keine Statistik darüber gesehen, wie viele ihrer Schüler das Abitur schaffen. INTERVIEW: PS
Diskussion mit Ursula Caberta, André Sebastiani (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften) und dem Waldorfkritiker Andreas Lichte: 19 Uhr, Honigfabrik, Industriestraße 125