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Archiv-Artikel

Wenn der Kopf weich wird, dann läuft’s

BIATHLON Arnd Peiffer bestätigt in Oberhof mit guten Leistungen endlich die in ihn gesetzten Erwartungen – und wird so endgültig zum Hoffnungsträger für die zuletzt eher gebeutelten deutschen Biathleten

„Ich war gestern einkaufen in Oberhof – und bin dort erkannt worden“

ARND PFEIFFER WUNDERT SICH

OBERHOF taz | Fürchterlich lang war Arnd Peiffers Weihnachtspause nicht, aber für den entscheidenden Umschwung im Kopf reichten die paar Tage in der niedersächsischen Heimat aus. „Da kannst du aus dem Trott ausbrechen und kommst mal zur Besinnung“, beschreibt der 23-jährige Bundespolizist den Wert jener Tage, die er in Clausthal-Zellerfeld verbracht und dann freiwillig verkürzt hat. Denn offensichtlich hatte Peiffer im Westharz nach den drei Dezember-Weltcups so rasch sein seelisches Gleichgewicht zurückgefunden, dass er schon am 26. Dezember, einen Tag früher als geplant, an seinen Trainingsort Oberhof zurückkehrte.

Und am Grenzadler fand der innerlich gereinigte Peiffer zwei Wochen später zwischen Sturm, Regen und Nebel den Dreh, nach dem er in diesem Winter bislang vergeblich gefahndet hatte. Schon länger gilt der gebürtige Wolfenbütteler neben dem ein Jahr älteren Christoph Stephan als größte Zukunftshoffnung unter Deutschlands männlichen Biathleten. Nach seinem beachtlichen Weltcup-Debüt vor zwei Jahren in Oberhof wurde Peiffer den Erwartungen auch immer mal gerecht: mit zwei Bronzemedaillen (Staffel, Mixed-Staffel) bei der WM 2009, mit Platz 9 im Gesamt-Weltcup im letzten Jahr, mit dem WM-Sieg in der gemischten Staffel 2010.

Die Olympischen Spiele in Vancouver jedoch waren auch für den stoischen Norddeutschen eine einzige Enttäuschung. In diesem Winter schien es dann wieder so, als könne – und auch nur unter günstigen Umständen – von den Skijägern des DSV allein Michael Greis, der Dreifach-Olympiasieger von Turin, ab und zu das Podest erklimmen. Doch dann gewann die deutsche Staffel in Oberhof zum Auftakt – und Peiffer lief schneller als alle anderen im gesamten Feld. „Balsam“ sei das für ihn gewesen, erklärte der angehende Wirtschaftsingenieur – und lief zwei Tage später hinter dem norwegischen Wunderknaben Tarjei Bö auf Platz zwei im Sprint.

In den ersten Rennen in diesem Winter habe er es, gerade am Schießstand, zu oft mit der Brechstange versucht. „Du wirst fest im Kopf“, formulierte Peiffer seinen unerfreulichen Zustand beim Duell mit den schwarzen Scheiben. Doch bei der Ruhepause im Harz konnte er sich dann erfolgreich aufweichen, und entsprechend zuversichtlich schritt der Bücherfreund gestern zum abschließenden Massenstart [nach Redaktionsschluss].

„Wenn’s läuft, dann läuft’s“, kommentierte Peiffer seinen zweiten Rang im Sprint am Freitag entspannt und löste vor lauter Erleichterung nach der mentalen auch seine verbale Handbremse. „Da haben wir unsere Kritiker aber verstummen lassen“, tönte er – während Uwe Müssiggang Peiffers Fähigkeiten schon vor Oberhof in wohlwollender Sachlichkeit einordnete. „Bei ihm dauert das seine Zeit, und die muss man ihm auch lassen“, meinte der Chef der deutschen Skijäger da und erklärte: „Es ist nun einmal kein Tarjei Bö und keine Magdalena Neuner.“

Anders als die Doppel-Olympiasiegerin aus Oberbayern plagten den Niedersachsen vor der Saison dafür aber auch keine Motivationsprobleme. Im Gegenteil: Es könnte sein, dass Peiffer in seinem dritten Weltcup-Winter nun langsam richtig loslegt. „Ich war gestern einkaufen in Oberhof – und bin dort erkannt worden“, hat er dieser Tage etwas erstaunt festgestellt. Es könnte sein, dass Arnd Peiffer sich an diesen Zustand gewöhnen muss. ANDREAS MORBACH