Top-Anwälte gesucht

Nach der Festnahme von Ex-Vorstand Ganswindt wächst der Druck auf die oberste Spitze der Siemens AG

MÜNCHEN/BERLIN dpa/taz ■ Bei Siemens fühlt sich offenbar niemand mehr sicher. Nachdem die Schmiergeldaffäre immer größere Ausmaße annimmt, befürchten auch die Topvertreter des Konzerns, ins Visier der Staatsanwaltschaft zu geraten. Einem Bericht des Handelsblatt zufolge haben Vorstandschef Klaus Kleinfeld und der Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich von Pierer sich bereits die Unterstützung prominenter Juristen gesichert: Sie sollen Klaus Volk und Sven Thomas kontaktiert haben, die im Mannesmann-Prozess Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser verteidigt hatten. Offizielle Mandate gibt es noch nicht. Das wäre auch unsinnig, weil es bislang keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Staatsanwaltschaft bereits gegen die Führungsspitze ermittelt.

Vor allem das Image von Oberaufseher von Pierer hat bereits erheblich gelitten. Sowohl die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), die vor allem Kleinaktionäre vertritt, als auch die Großaktionärsvereinigung Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) attackieren den langjährigen Siemens-Chef, der erst im Januar 2005 in den Aufsichtsrat gewechselt war. Vorstandsvorsitzende sollten nicht automatisch Aufsichtsratschefs werden, sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker. Als Betroffener könne er die Untersuchungen im Korruptionsfall nicht selbst durchführen. SdK-Sprecher Michael Kunert forderte von Pierers Rücktritt.

Die Fraktionschef der grünen Bundestagsfraktion, Renate Künast, ging noch weiter. „Bis zur vollständigen Auflösung der Schmiergeldaffäre ist von Pierer als Innovationsberater der Bundesregierung und Vorsitzender des Rates für Innovation und Wachstum untragbar“, sagte sie gestern. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse ihn von seinen Funktionen entbinden, bis klar sei, dass er nicht in die Korruption verstrickt sei.

Am Dienstag hatte der Skandal, bei dem es laut Siemens um bis zu 420 Millionen Euro „zweifelhafter Zahlungen“ geht, die Vorstandsetage erreicht. Seitdem sitzt der frühere Siemens-Vorstand Thomas Ganswindt, der das Unternehmen erst im September verlassen hatte, in Untersuchungshaft. Er soll bereits 2004 von dem Schmiergeldsystem gewusst haben. Zu seiner Vernehmung will sich die Staatsanwaltschaft aber erst Mitte nächster Woche äußern. BW