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Archiv-Artikel

Ungewöhnliche Allianzen

WOHNEN Der Bund will das Kreuzberger Dragonergelände zum Höchstwert vermarkten – obwohl Howoge und „Mietshäuser Syndikat“ dort erstmals gemeinsam bauen wollen

„Das wird der Härtetest für den Senat und seine Wohnungspolitik“

HANS PANNHOFF, GRÜNER BAUSTADTRAT

VON UWE RADA

Wohnungsknappheit macht erfinderisch. Um das Kreuzberger Dragoner-Areal am Mehringdamm bewirbt sich deshalb erstmals eine Wohnungsbaugesellschaft – die Howoge – gemeinsam mit dem alternativen „Mietshäuser Syndikat“. „Wir können uns vorstellen, zusammen auf dem Gelände bis zu 1.000 Wohnungen zu bauen“, sagt Architekt Bernhard Hummel vom Mietshäuser Syndikat. „Beide Bauherren würden verschiedene Zielgruppen ansprechen, sodass es auch zu einer sozialen Mischung kommt.“

Noch aber ist es nicht so weit. Nachdem die bundeseigene Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) das fast 50.000 Quadratmeter große ehemalige Kasernengelände hinter dem Kreuzberger Finanzamt ein erstes Mal vergeben hatte, musste der Kauf rückabgewickelt werden. Der Grund: Der Hamburger Projektentwickler ABR konnten den Kaufpreis nicht aufbringen. Auch das Vergabeverfahren, das die Bima nun gestartet hat, sieht ein Bieterverfahren vor, bei dem der Meistbietende den Zuschlag bekommt. Die Hamburger ABR hatte dem Vernehmen nach 22 Millionen Euro bezahlt. Der Verkehrswert liegt nach Schätzungen des Bezirks bei der Hälfte.

Bernhard Hummel sieht deshalb auch den Senat in der Pflicht. „Nach dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld muss der Senat rasch handeln“, so Hummel. Er schlägt vor, dass der Senat Druck auf die Bima ausübt, um das Gelände zum Verkaufswert zu kaufen. „In einem zweiten Schritt kann es dann an die Howoge und das Mietshäuser Syndikat weitergegeben werden.“

Das Mietshäuser Syndikat ist bundesweit an 80 Hausprojekten beteiligt. Neubauprojekte gibt es in Berlin, Potsdam und Frankfurt. Die Gründung einer Haus-GmbH, an der das Syndikat und die jeweilige Bewohnergruppe beteiligt sind, soll verhindern, dass ein Haus aus Profitinteresse weiterverkauft wird. Die Mieten auf dem Dragoner-Areal, schätzt Hummel, würden bei etwa 7,50 Euro pro Quadratmeter liegen. „Wenn es eine Förderung gibt, wird es natürlich günstiger.“ Die Howoge wollte sich mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren nicht äußern.

Auch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg sieht den Senat in der Pflicht. „Das Vergabeverfahren am Dragoner-Areal wird der Härtetest für die Wohnungsbaupolitik des Senats“, sagt Baustadtrat Hans Panhoff von den Grünen. „Die Kooperation von Howoge und Mietshäuser Syndikat ist spannend. Ich wünsche Herrn Lütke Daldrup viel Glück bei den Verhandlungen mit der Bima.“ Lütke Daldrup wurde im März als Nachfolger von Baustaatssekretär Ephraim Gothe berufen. Sein Auftrag: dem Wohnungsbau in Berlin neuen Schwung geben.

Die Bima hat bislang aber wenig Verhandlungsbereitschaft signalisiert. In einem Brief an den Bezirk hieß es, man halte weiter an einem Bieterverfahren fest. Auch in Tempelhof-Schöneberg hat die Bima dem Land die kalte Schulter gezeigt. Verhandlungen mit der Gewobag – neben der Howoge eine der sechs landeseigenen Berliner Wohnungsbaugesellschaften – über den Verkauf von vier Mietshäusern an der Großgörschenstraße ließ die Bundesbehörde platzen.

Doch die Bima ist auch auf den Bezirk angewiesen. Um zwischen den denkmalgeschützten Kasernengebäuden neue Wohnungen bauen zu können, muss der Bebauungsplan von 1966 geändert werden. Noch ist das Gelände, auf dem Autoschrauber werkeln und die Biokette LPG ein Geschäft betreibt, als Gewerbegebiet ausgewiesen. „Wenn die Bima an einen amerikanischen Rentenfonds verkauft, der dort nur Luxuswohnungen bauen will, machen wir den Igel“, kündigt Stadtrat Panhoff an.

Eine erste Besichtigung durch Kaufinteressenten findet am heutigen Donnerstag statt. Zu einer Kundgebung dagegen vor der LPG wird für 9.45 Uhr aufgerufen.

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