: NSA-Ausschuss bekommt nichts zu lesen
ÜBERWACHUNG Der NSA-Ausschuss stockt: Ministerien und Geheimdienste verzögern Aktenlieferung
BERLIN taz | Der Beweisbeschluss erging Mitte April an Ministerien, Nachrichtendienste, das Kanzleramt. „Sämtliche Akten, Dokumente, Dateien“, die den NSA-Komplex seit den Snowden-Enthüllungen im letzten Juni beträfen, seien dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln. Auch eine Frist setzte das Gremium: Dienstag, 10. Juni.
Nun, nach Ablauf des Termins, sieht die Resonanz auf den Beschluss allerdings dürftig aus: Kein einziges Dokument hat den NSA-Ausschuss erreicht. Stattdessen wandte sich das Bundesinnenministerium an den Ausschussvorsitzenden Patrick Sensburg (CDU). Man bitte um Verständnis, heißt es in einem Schreiben, das der taz vorliegt, aber „aufgrund des Umfangs und der damit verbundenen komplexen Zusammenstellung des vorzulegenden Aktenmaterials“ verspäte sich der Versand. Erst „gegen Ende“ dieser Woche werde man eine erste „Teillieferung“ übermitteln.
Im Ausschuss stößt das auf Empörung, auch unter Koalitionsabgeordneten. SPD-Obmann Christian Flisek schimpft über das „höchst unprofessionelle Vorgehen“. Es sei „völlig unverständlich“, warum nicht zumindest einige Akten fristgerecht geliefert wurden. Nie habe die Regierung auf zeitliche Probleme hingewiesen. Flisek forderte, die „bestehenden Probleme unverzüglich zu lösen und die Akten so schnell als möglich vorzulegen“. Auch der Grüne Konstantin von Notz sprach von „Missachtung des Parlaments“. Ausschuss-Chef Sensburg sagte dagegen, es gelte „Vollständigkeit vor Schnelligkeit“. Sollte der Ausschuss ab Freitag nur vereinzelt Akten bekommen, wäre dies „nicht tolerierbar“.
Nach einem ersten Beschluss hatte das Gremium im Mai bereits gut 80 Aktenordner von Ministerien und Diensten erhalten. Diese enthielten Allgemeines wie Behördenstrukturen. Nun sollte Inhaltliches folgen: Was ist über Spionage ausländischer Geheimdienste bekannt? Gibt es Überwachung aus Botschaften heraus? Diese Fragen bleiben vorerst unbeantwortet.
Für einige Abgeordnete des NSA-Ausschusses ist das ein Unding: Es gehe schließlich um wichtige Aufklärungsarbeit. Und da, so der SPD-Mann Flisek, stelle sich nun die Frage, ob die Ministerien und Dienste „zur rückhaltlosen Unterstützung“ bereit seien. KONRAD LITSCHKO