: Wettkumpane verknackt
Im Revisionsprozess um die Wettmanipulationen von Ante Sapina und Ex-Schiri Robert Hoyzer werden die Urteile des Berliner Landgerichts bestätigt. Die Täter müssen nun ins Gefängnis
AUS LEIPZIG MARKUS VÖLKER
Kaum hatte Richter Clemens Basdorf die Urteile gesprochen, eilte der Prozessbeobachter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auch schon aus dem Großen Saal des Leipziger Gerichts, um seinen Vorgesetzten die frohe Botschaft zu übermitteln: Ante Sapina und sein Erfüllungsgehilfe Robert Hoyzer müssen ins Gefängnis. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigte gestern die Urteile des Berliner Landgerichts vom vergangenen Jahr. Der Drahtzieher der Wettmanipulationen, Ante Sapina, muss für zwei Jahre und elf Monate hinter Gitter, Hoyzer für zwei Jahre und fünf Monate.
Das Urteil war mit einiger Neugier erwartet worden, weil Bundesanwalt Hartmut Schneider beim ersten Termin der Revisionsverhandlung Ende November für einen Freispruch der Wettkumpanen plädiert hatte. Basdorf würdigte die „eloquenten und scharfsinngen Ausführungen“ Schneiders, doch seiner Logik wollte sich das hohe Gericht nicht anschließen. „Die Revisionen werden verworfen“, erklärte Basdorf knapp, um dann zur Begründung des Urteils zu schreiten. Es ist populär genug, um dem DFB zu gefallen.
Dessen Präsident Theo Zwanziger hatte zuvor geätzt, wenn Hoyzer freikomme, dann könne man ihm ja gleich noch das Bundesverdienstkreuz verleihen. Basdorf rügte diesen Populismus: „Zugehört kann er dem Staatsanwalt nicht haben“, richtete er an die Adresse Zwanzigers. Nach dem Lob für den Staatsanwalt, später auch für die Anwälte, würdigte Basdorf den Berliner Richterspruch. „Wir sehen keine inhaltlichen Mängel in diesem Urteil“, sagte er und beanstandete nur Kleinigkeiten, die aber keine Auswirkungen hätten. Fälschlicherweise sei ein Spiel, das der Schiedsrichter Dominik Marks gepfiffen habe, Hoyzer zugeschlagen worden. Aber das sei zu vernachlässigen, da Hoyzer Marks’ Anstifter gewesen sei. „Wir folgen der rechtlichen Würdigung des Berliner Urteils ganz und gar“, erklärte Basdorf. Es sei auch keineswegs schlampig verfasst worden, wie von vielen Seiten behauptet. „Nur eine Nachlässigkeit hat sich in das Urteil eingeschlichen, was aber nicht das Strafmaß verändert“, so der BGH-Richter.
Die Kernfrage war zuletzt, ob ein Betrug vorliegt, wenn der Wettspieler das Wissen über eine Manipulation zurückhält. Ging es um Gaunerei oder doch um Betrug im großen Stil? Hierzu erklärte der BGH trocken: „Bei Abschluss eines Wettvertrages erklärt der Wettende schlüssig, dass er die Spiele, auf die er gewettet hat, nicht manipuliert habe. Wie grundsätzlich für jeden Vertrag bildet auch für den Wettvertrag die Erwartung, dass der Vertragspartner keine vorsätzliche sittenwidrige Manipulation des Vertragsgegenstandes vorgenommen hat, eine unverzichtbare Geschäftsgrundlage.“
Basdorf lieferte ein anschauliches Beispiel: Wenn jemand einen Kaufvertrag abschließt, dann verpflichte sich der Käufer, nicht mit Falschgeld zu zahlen; dies könne im Kaufvertrag stehen, müsse es aber nicht. Oddset sei also nicht dazu verpflichtet gewesen, einem Betrug oder Betrugsversuch in den Geschäftsbedingungen vorsorglich zu benennen. Sapina habe, so Basdorf, stillschweigend beim Wettabschluss erklärt, dass er „das Wettrisiko nicht durch Manipulation verändert“. Da Sapina aber kräftig schummelte, sei es zu einem „Quotenschaden“ für Oddset gekommen. Sapinas Gewinnchancen hätten sich erheblich verbessert; die Quote stieg virtuell. In vier Fällen ist der Betrug nach BGH-Ansicht gelungen, sechs Mal lieferte Hoyzer erfolgreich Beihilfe. Basdorf: „In diesem Quotenschaden sehen wir einen tatbestandlichen Schaden.“
Ausführlich nahm der Richter Bezug auf die Auswirkungen der Taten. Der unmittelbare Schaden (für Oddset) sei gar nicht mal so groß, führte er aus; er muss ohnehin erst noch in einem Verfahren vor dem Berliner Landgericht, das wohl im Februar fortgesetzt wird, geklärt werden. Gravierender sei der „mittelbare“ Schaden: Der Fußball und sein Ruf sei in Misskredit geraten. Dabei vergaß Basdorf nicht, den HSV-Trainer Klaus Toppmöller zu erwähnen, der nach der manipulierten DFB-Pokalpartie des Hamburger SV gegen Paderborn entlassen wurde.
„Für Herrn Hoyzer ist das Urteil bitter“, sagte dessen Rechtsbeistand Thomas Hermes, um dann ein Bonmot anzufügen: „Die richtigen Juristen saßen auf der falschen Seite.“ Er wies noch einmal auf den bemerkenswerten Umstand hin, dass die Staatsanwälte – die des BGH sowie des Landgerichts – Hoyzer entweder freisprechen oder eine Bewährungsstrafe verhängen wollten, die Gerichte aber stets wesentlich härter urteilten. „Das ist wohl einmalig in der deutschen Rechtsgeschichte“, sagte er.