: Dutschke wählen heißt Nein sagen
Wer die Rudi-Dutschke-Straße in Kreuzberg will, muss beim Bürgerentscheid mit Nein stimmen. Denn Jasager unterstützen das Begehren der CDU. Die will mit der Volksabstimmung die Umbenennung der Straße verhindern
„Das Bezirksamt wird aufgefordert, die Umbenennung eines Teils der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße zurückzunehmen.“ Dieser Satz steht auf den Wahlzetteln, die am 21. Januar in 86 Wahllokalen im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ausliegen. Wer für die Dutschke-Straße ist, muss also „Nein“ ankreuzen. Die Formulierung auf dem Wahlzettel richtet sich nach dem Initiator des Bürgerbegehrens – der CDU.
Damit wollen die Christdemokraten die von der taz im Dezember 2004 initiierte und von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg im August 2005 beschlossene Umbenennung wieder rückgängig machen. In einem ersten Schritt hatten sie die für ein Bürgerbegehren notwendigen 5.000 Unterschriften gesammelt. Jetzt folgt der Bürgerentscheid.
Dabei sind alle Einwohner des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg wahlberechtigt, die mindestens 16 Jahre alt sind. Auch EU-Bürger mit Wohnsitz im Bezirk dürfen abstimmen. Insgesamt können 182.592 Einwohner zur Wahl gehen. Mindestens 15 Prozent der Wahlberechtigten müssen ihre Stimme abgeben. Das heißt: 27.389 Stimmberechtigte müssen wählen gehen, damit der Bürgerentscheid überhaupt gültig ist. Wird das Quorum unterschritten, hat die CDU das Begehren automatisch verloren – egal was die Mehrheit gewählt hat. Gehen über 27.389 Stimmberechtigte zur Wahl, entscheidet die Mehrheit. Das vorläufige Endergebnis wird nach Auszählung der Stimmen noch am Abend des 21. Januar bekanntgegeben. Die Wahllokale sind wie üblich am Sonntag zwischen 8 und 18 Uhr geöffnet.
In Berlin sind Bürgerbegehren auf Bezirksebene erst seit Juli 2005 möglich. Die Abstimmung über die Dutschke-Straße ist erst der zweite Bürgerentscheid. In Lichtenberg hatten parallel zur Abgeordnetenhauswahl die BürgerInnen des Bezirks gegen die geplante Schließung des Coppi-Gymnasiums gestimmt.
Sollte die CDU das Bürgerbegehren verlieren, wird das Bezirksamt dennoch nicht gleich die Schilder für die erste Rudi-Dutschke-Straße Deutschlands auswechseln können. Denn parallel zum Bürgerbegehren hat eine Anwohnerinitiative, an der auch die Axel Springer AG beteiligt ist, Klage eingereicht. Der Rechtsstreit zwischen den Dutschke-Straße-Gegnern und dem Bezirksamt hat „aufschiebende Wirkung“ – selbst für eine per Bürgerentscheid beschlossene Umbenennung. Das Urteil steht noch aus. Zudem hat die unterlegene Partei noch die Möglichkeit der Revision vor dem Oberverwaltungsgericht.
THILO KNOTT