: Später drüber reden ist nicht leicht: Elfenbeinküste – Japan im Club49
Heimmannschaft: diverse – allerdings mit einer Tendenz zu Deutschland
Gästeblock: Jeder ist willkommen
Stadionimbiss: alle handelsüblichen Alkoholika, aber auch deren promillefreie Pendants. Kulinarisches Angebot: ziemlich mau, manchmal Erdnüsse oder Salzstangen
Ersatzbank: das Wowsville, gleich zwei Hausnummern nebenan in der Ohlauer Straße 33. Dort dann geballte spanische Fußballkompetenz
Rote Karte: nur für Idioten
Club49, Ohlauer Straße 31, Kreuzberg. http://club49-berlin.blogspot.de
Der Club49 ist einer der Dinosaurier des öffentlichen Guckens. Seit dem Confederations Cup 2005 zeigt der Fotograf und Wirt Kai von Kröcher hier Fußball – WM, EM und ein paar Jahre auch Bundesliga. Wenn Deutschland spielte, war es oft sehr voll, und in den Pausen ging man ein bisschen spazieren und nachsehen, was bei den vier oder fünf anderen öffentlichen Fernsehern und Leinwänden in der Ohlauer Straße so los war. Zum Beispiel im Wowsville, der spanischen Kneipe mit Plattenverkaufsbereich, die 2006 eröffnet wurde.
Bis Mitternacht guckt man im Club49 von draußen auf die Leinwand im Fenster. Danach drinnen. Von der einen Seite des Tresens aus blickt man auf einen großen Fernseher, von der anderen auf die Leinwand. Das ist ein bisschen komisch, weil man beim Fußballgucken immer auch Leute sieht, die zu einem hingucken.
Auf das Spiel Elfenbeinküste – Japan habe ich mich sehr gefreut. Weil es um 3 Uhr morgens stattfindet, also 21 Uhr Ortszeit bzw. 9 Uhr in Japan. Bei der WM in den USA hatte ich mal ein 2-Uhr-Spiel zwischen Kolumbien und Rumänien gesehen, das ganz großartig gewesen war. Es war 1:3 ausgegangen. Leider hatte ich später niemanden gefunden, mit dem ich darüber hätte reden können. Außerdem ist Japan seit 2002 meine Lieblingsmannschaft. Sie spielen sehr gut und sehen auch gut aus. Außerdem sind die japanischen Spieler nicht so groß. Man findet ja immer Mannschaften besonders gut, die ähnliche Körper haben wie man selbst. Jedenfalls ist es das erste Spiel des Turniers, bei dem ich ganz entschieden für eine Mannschaft bin.
Nach sechs Halbzeiten bin ich schon arg angedichtet, aber gut gelaunt, auch wegen des schönen Worts zum Sonntag in der Halbzeitpause von England – Italien. Rund zwanzig Leute sind noch im Club49, auch so kompetente wie „Weedman“, der Nürnberg-Fan, den ich zuletzt bei der EM gesehen habe. Er ist traurig, weil sein Verein abgestiegen ist. Schuld seien die beiden japanischen Nationalspieler gewesen. Deshalb ist er gegen Japan.
Tiergeräusche am Tresen
Beide Teams spielen nicht wirklich gut, aber die Japaner sind ein bisschen besser. Klasse, dass auch Honda noch dabei ist. Honda Keisuke guckt super entschlossen und schießt ein schönes Tor. Ich freue mich wie ein Schneekönig. Ein Engländer macht Tiergeräusche, möglicherweise ist das inzwischen im Nachtleben üblich. Überhaupt reden einige Kneipengäste etwas laut. Spanisch, Deutsch, Englisch und Italienisch. Vielleicht bringt das meine Mannschaft so durcheinander. Jedenfalls geht in der zweiten Halbzeit gar nichts mehr. Eben noch geführt, schon verloren – so grausam kann Fußball sein. Zehn Leute sind noch im Club. Wir trinken noch zwei Wodkas zum Abschied. Grau blaut dann der Morgen.
DETLEF KUHLBRODT