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Archiv-Artikel

„Wir hätten ein Problem“

BIOLOGIE Warum wir das „Paradox des Planktons“, seine Artenvielfalt, zum Atmen brauchen

Von kawe
Helmut Hillebrand

■ 44, ist Professor für Chemistry und Meeresbiologie an der Universität Oldenburg-Wilhemshaven. F.: Monika Feiling

taz: Helmut Hillebrand, Ihr Thema das klingt sehr esoterisch.

Hillebrand: Ist es nicht. In der Ökologie hat lange die Vorstellung geherrscht, dass es Variabilität in der Umwelt braucht, um Arten koexistieren zu lassen.

Variabilität?

Ja, verschiedene Milieus. Beim Plankton im gut durchmischten Wasser haben alle ungefähr dasselbe Licht und dieselben Nährstoffe – dennoch gibt es eine unglaubliche Vielfalt der Arten, wenn man einige Tröpfchen Wasser unters Mikroskop legt. In den 50er Jahren wurde so der Begriff „Paradox des Planktons“ geprägt, um diese hohe Artenvielfalt zu beschreiben.

Die Biologen sind überrascht?

Die klassischen Erklärungsmodelle für Artenvielfalt, die bei Korallenriffen oder beim Regenwald gültig sind, funktionieren beim Plankton nicht. In letzter Zeit hat man verstanden, dass das an den sehr kurzen Generationsfolgen im Meer liegen könnte, man findet auch eine schnelle Verschiebung der Artenzusammensetzung.

Ist diese Artenvielfalt im Plankton nützlich?

Speziell bei den Algen ist es so, dass sie Kohlendioxid aufnehmen. Jedes zweite Kohlendioxid-Molekül, das von Organismen absorbiert wird, wird von Algen eingebaut – und damit jedes zweite Sauerstoffmolekül unserer Atmosphäre produziert. Wenn sich durch eine Veränderung der Artenvielfalt eine Reduzierung dieses Effektes ergeben würde, hätten wir ein Problem. Beim Plankton geht es zudem um die Biomasse, Veränderungen dort könnten auch irgendwann für die Nahrungskette relevant werden. kawe

20 Uhr, Überseemuseum