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Archiv-Artikel

Pflege-Gutachter scheinen besser als ihr Ruf

PFLEGE Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat Bedürftige und deren Angehörige zur Arbeit von Pflege-GutachterInnen befragt. Sinnigerweise bevor der Pflege-Bescheid versandt wurde

BERLIN taz | Wer in Deutschland durch Krankheit, Unfall oder hohes Alter auf die Hilfe Anderer angewiesen ist und dafür Geld braucht, der kann nicht einfach Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung beantragen und gut. Er oder sie muss sich zunächst begutachten lassen – von Mitarbeitern des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Der MDK beurteilt im Auftrag der Pflegekassen, wie ausgeprägt die Pflegebedürftigkeit ist, seine Gutachten haben entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Leistungen aus der Pflegeversicherung.

Tatsächliche oder vermeintliche Fehleinstufungen haben in der Vergangenheit immer wieder für Ärger und derbe Kritik gesorgt, bei den Betroffenen, bei Pflegeverbänden, in der Politik. Zur Imagerettung hat der MDK jetzt Pflegebedürftige und deren Angehörige repräsentativ befragt: Wie zufrieden sind die Versicherten tatsächlich mit dem MDK und seinen Gutachtern?

Das Ergebnis „widerlegt so manche Kritik“, sagte der MDK-Verwaltungsratsvorsitzende Volker Hansen in Berlin bei der Vorstellung erster Teilergebnisse der Studie: 86 Prozent der 5.700 Befragten gaben an, mit der Begutachtung durch den MDK insgesamt zufrieden zu sein, 9 Prozent waren teilweise zufrieden und 5 Prozent unzufrieden. Mit der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Ansprechpartner des MDK waren sogar 91 Prozent der Befragten zufrieden.

In zentralen Bereichen allerdings zeigt die Umfrage Defizite auf: So bemängelten 16 Prozent der Befragten, keine oder nicht genügend Zeit zu haben, um mit den Gutachtern „die für den Versicherten wichtigen Punkte zu besprechen“ (6 Prozent: unzufrieden, 10 Prozent: teilweise zufrieden). Bald ein Drittel der Befragten vermisste darüber hinaus „nützliche Hinweise zur Verbesserung der individuellen Pflegesituation“: 10 Prozent waren mit der Beratung hierüber unzufrieden, 17 Prozent nur teilweise zufrieden.

Ob die Befragten bei ihrer grundsätzlich positiven Einschätzung auch künftig bleiben werden, ist fraglich: Zum Zeitpunkt der Umfrage lag knapp 40 Prozent der Befragten das Ergebnis der Begutachtung noch gar nicht vor. Die Befragten wussten also noch nicht, welche Pflegestufe festgelegt würde – und damit: wie viel Geld sie oder ihre Angehörigen künftig aus der Pflegekasse erhalten würden.

Derzeit, auch das ergab die Umfrage, können Pflegebedürftige durchschnittlich 14 Tage nach dem Besuch des MDK-Gutachters mit dem Leistungsbescheid ihrer Pflegekasse rechnen. 2011 dauert dies noch 26,5 Tage, also fast doppelt so lange.

Ausgefüllt hatten die Fragebögen in 30,5 Prozent die Pflegebedürftigen selbst, in 59 Prozent die Angehörigen und in 5,6 Prozent der gesetzliche Betreuer. Die Ergebnisse der Umfrage sollen 2015 vorliegen. Dann sollen alle 34.000 verschickten Fragebögen – dies entspricht 2,5 Prozent der Versicherten, die Pflegeleistungen beantragt haben und zu Hause begutachtet werden – ausgewertet sein.

Der MDK hatte die M+M Management + Marketing GmbH in Kassel mit der wissenschaftlichen Entwicklung des Fragebogens beauftragt. Der damalige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen 2013 gesetzlich dazu verpflichtet, regelmäßige Versichertenbefragungen durchzuführen. HEIKE HAARHOFF