: Mamas lernen günstig kochen
Die Hamburger Tafel bietet Kochkurse für Mütter als Hilfe zur Selbsthilfe an. „Wir müssen die Familien wieder an den Tisch bringen“, sagt Initiatorin Annemarie Dose. SPD-Politiker ruft zu Spenden auf
Von Kaija Kutter
Auch in Hamburg hungern Kinder, kommen ohne Frühstück zur Schule oder mit knurrendem Magen zum Freizeittreff. Statt neuer Suppenküchen für Kinder will Annemarie Dose, die Erfinderin der „Hamburger Tafel“, Familien zur Selbsthilfe animieren, mit einen „Kochkurs für Mütter“. Denn im Allgemeinen seien solche Kurse „zu teuer“. Und in Koch-Shows im Fernsehen ginge alles „viel zu schnell“.
Selber hat die 78-Jährige als Mutter von vier Kindern einen Haushalt geführt, der „wie ein Betrieb“ war. Als ihr Mann starb und sie mit 66 Jahren eine neue Aufgabe suchte, hat sie nach New Yorker Vorbild die „Hamburger Tafel“ gegründet. Die versorgt die Armen der Stadt in fast 60 sozialen Einrichtungen mit Lebensmitteln, die die Läden wegen knapper Haltbarkeitsdaten nicht mehr verkaufen dürfen. 970 Tonnen setzten sie und ihre 80 freiwilligen Helfer allein in diesem Jahr um.
Bei den unversorgten Kindern will sie nun neue Wege gehen. „Wenn die Kinder Frühstück, Mittagessen und Hausaufgaben in der Einrichtung bekommen, gehen sie nur noch zum Schlafen nach Hause“, fürchtet sie. Den nicht berufstätigen Müttern fehle dann eine sinnvolle Aufgabe. „Wir müssen die Familien wieder an den Tisch bringen.“
Nur fehle vielen Müttern das Know-How für eine sparsame Wirtschaftsführung. „Um Geld zu sparen, muss ich gut kochen können“. Man könne für fünf Euro durchaus eine Drei-Gänge-Mahlzeit für vier Personen zaubern. Aber die heutigen jungen Mütter könnten keine Suppe mehr kochen. Hinzu kämen die Verlockungen der Werbung, die „überteuerte und ungesunde“ Fertigprodukte anpreise.
Ein Team der „Tafel“ hat deshalb ein Konzept für Mütterkochkurse erarbeitet. Den Müttern werden an fünf Abenden Grundlagen beigebracht. Ihnen werde zum Beispiel gezeigt, wie man einen Auflauf, eine Soße oder eine Suppe kocht. Oder wie man nahrhafte Schulbrote zubereitet. Dose: „Anschließend kriegen sie einen Beutel mit Zutaten mit nach Hause, damit sie das nachkochen können.“ Die Hauswirtschaftsleiterinnen der Häuser leiten die Kurse in ihrer Freizeit, die Zutaten werden von der „Tafel“ gestellt.
„Bei uns waren die Frauen erst zögerlich“, berichtet Heidrun Kempernolte vom Bürgerhaus Jenfeld, einem von sechs Orten, an denen der Kurs im November gestartet ist. „Nach dem ersten Durchgang haben sich aber viele für den Januar-Kurs auf die Warteliste setzen lassen.“
Die Frauen fühlten sich nicht diskriminiert und hätten den Kurs „wunderbar“ gefunden. „Eine junge Mutter war dort, die hatte noch nie ein Messer in der Hand und wusste nicht, wie man eine Zwiebel schält.“ Auch das Kartoffelschälen oder das Würzen mit Kräutern sei oft Neuland.
Die Mütter bekommen auch Gewürze und ein von der „Solinger Tafel“ verfasstes Kochbuch mit nach Hause, das ihnen zu Monatsbeginn einen Einkauf eines Grundstocks an Nahrungsmitteln wie Mehl, Öl, Zucker, Reis und Kartoffeln nahelegt. Das restliche Geld soll – abzüglich der Kosten für Strom, Rücklagen, Schulbedarf und Tefefon – in 30 Umschlägen für jeden Tag aufgeteilt werden, damit es bis zum Monatsende reicht.
Doch das Kochprojekt braucht Spenden, damit die Kurse weitergehen können. Der Eimsbüttler SPD-Bundestagsabgeordnete Niels Annen hat auf seine teure Weihnachtsgrußpost verzichtet und das Geld gespendet. Er fordert zur Nachahmung auf. „Mich hat die Nachhaltigkeit überzeugt“, sagt Annen und verweist darauf, dass auch Väter teilnehmen dürfen.
Spenden an die Hamburger Tafel ( Tel. 44 36 46), Stichwort „Kochkurs für Mütter“, Konto 1217/130 515, BLZ 200 50 550