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Archiv-Artikel

Spezialkräfte mit Marschbefehl

IRAK I Die USA schicken 275 Soldaten zurück nach Bagdad. Am Rande der Atomgespräche in Wien kommt es zu Kontakten mit Iran

Washington bemüht sich, die Kontakte mit Teheran herunterzuspielen

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

US-Präsident Barack Obama hat am Sonntag 275 US-Soldaten zurück in den Irak geschickt. Das teilte er dem Kongress am Montag mitgeteilt. Sein Schreiben zitiert die Kriegsermächtigung (War Powers) vom Spätherbst 2002, die seinerzeit in Washington den Weg zur Invasion des Irak bereitet hat und die seither nicht verfallen ist.

Die 275 US-Soldaten sollen, so ihr Mandat, „US-Bürger schützen“ und sind „für den Kampf ausgestattet“. Und sie sollen so lange im Irak bleiben, „wie die Sicherheitssituation es nötig macht“. Im Pentagon erklärt Sprecher John Kirby, dass diese zusätzlichen Kräfte dem Außenministerium helfen würden, „seine diplomatische Mission zu erfüllen und mit den Irakern angesichts der Krise zusammen zu arbeiten“.

Obama, der als Präsident, der den Irak-Krieg beendet, in die Geschichte eingehen wollte, erörterte am Montag Abend mit seinem Nationalen Sicherheitsrat (NSC) die verschiedenen Optionen für die gegenwärtige Krise im Irak. Der NSC trat im Auftrag von Obama Ende vergangener Woche zusammen und soll weiterhin tagen. Nach Auskunft nicht namentlich genannter Regierungsmitglieder erwägen die USA neben Konsultationen mit ihrem Erzfeind Iran den Einsatz von Drohnen sowie die Entsendung von Spezialkräften in den Irak.

Der Konflikt führte auch schon zu einer Annäherung der bisherigen Erzfeinde. Nach den USA bestätigte am Dienstag auch der Iran Gespräche mit den USA über die Krise im Irak am Rande der Atomverhandlungen in Wien. Zugleich bemühte sich die US-Spitze, diese Kontakte so niedrig wie möglich zu hängen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, versicherte Reportern, dass die Gespräch „getrennt“ von den Atomverhandlungen liefen. Es werde „keine militärische Abstimmung“ mit dem Iran geben und es gehe auch nicht um die Zukunft des Irak. Aus dem Außenministerium ergänzte Sprecherin Jen Psaki, die USA hätten schon früher ähnliche Konsultationen mit dem Iran geführt.

Angesichts der Hoffnung des US-Außenministeriums, dass ausgerechnet das Regime in Teheran Druck ausüben möge, damit Bagdad auch andere als schiitische Gruppen an der Macht im Irak beteiligt, erinnert das in Washington und Dubai ansässige Inegma-Institut (for Near East & Gulf Military Analysis) an die jüngste Geschichte. Danach hat dereinst US-General David Petraeus im Irak die Zusammenarbeit mit sunnitischen Politikern und Stammesvertretern verstärkt und dann die sunnitischen Milizen al-Sahawat mitfinanziert und ausgebildet, um den Kampf gegen al-Qaida im Irak zu verstärken. Doch nach Abzug der USA entmachtete Premierminister Nuri al-Maliki diese und andere sunnitische Gruppen politisch und militärisch. In einer Presseerklärung in Washington beschreibt Inegma, das von sunnitischen Staaten in der Golfregion finanziert wird, den Konflikt im Irak als „sehr viel komplexer und gefährlicher als er an der Oberfläche erscheint“.