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Archiv-Artikel

Weniger Hunde, mehr Touristen

Auf 600 Seiten liefert das Statistische Jahrbuch Zahlen über Berlin. Es informiert über Bevölkerungszuwachs, Wirtschaftsentwicklung und die Anzahl der Hunde. Doch nicht immer sind die harten Fakten auch Realität

Ulrike Rockmanns Welt sind die Zahlen und ihr Verhältnis untereinander. Die Direktorin des Statistischen Landesamtes stellte gestern das Statistische Jahrbuch für Berlin 2006 vor. Auf knapp 600 Seiten enthält dieser Wälzer die harten Fakten über so ziemlich alles, was in Berlin von Belang ist – von Abfall über Funkwageneinsätze bis hin zum zweiten Bildungsweg.

Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass ein solches Kompendium für Außenstehende mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Warum zum Beispiel ist der Trümmerberg Dörferblick in Rudow – zu finden unter der Rubrik Bodenerhebungen – um zwei Meter im Vergleich zum Vorjahr gesunken, und wieso wurde mit weniger Bußgeldbescheiden mehr Geld eingenommen? Wie kommt es, dass der Zechbetrug zurückgegangen ist? Und wieso wurden Aal und Karpfen mehr, Barsch und Hecht dagegen weniger gefangen? Ohne Zusatzinformationen ist da nichts zu machen.

Beim höchst umstrittenen Thema Hunde zeigt sich zudem, das die Zahlen manchmal nur die halbe Wahrheit sagen. Dem Jahrbuch lässt sich entnehmen, dass die Zahl der Terrier und Doggen, der Pinscher und Promenadenmischlingen 2005 um rund 1.000 Exemplare gesunken ist. Ebenso ist die Zahl der Hundehalter zurückgegangen, von 103.433 auf 102.627. Marcel Gäding, Sprecher des Tierschutzvereins Berlin, traut den Angaben jedenfalls nicht: „Man muss bedenken, dass die Daten eigentlich vom Finanzamt erhoben werden. Das bedeutet, dass Hunde, für die keine Steuer gezahlt wird, nicht erfasst werden.“ Gäding geht von etwa 150.000 Hundehaltern in Berlin aus. Und dass ihre Zahl gesunken sein könnte, hält er für unwahrscheinlich. „Ohne unsere Berliner Hundehalter unter Generalverdacht stellen zu wollen, nehme ich an, dass einfach für weniger Hunde Steuern gezahlt werden“, sagte er der taz. Man dürfe nicht vergessen, dass ein Hund pro Jahr mit mindestens 120 Euro Steuern zu Buche schlage.

Hintergrundinfos sind für die Rubrik „Gäste, Übernachtungen und Aufenthaltsdauer in den Beherbergungsstätten“ vonnöten. Bekannt ist, dass die Tourismus-Branche seit Jahren ein stetiges Anwachsen der Besucherzahlen vermeldet. Weniger häufig erwähnt wird, dass auch Bürger aus den arabischen Golfstaaten die Hauptstadt verstärkt für sich entdeckt haben. Um 46,8 Prozent auf insgesamt 11.719 ist die Zahl der Besucher von der Halbinsel innerhalb eines Jahres gestiegen. „Die Herrschaften wohnen in den absoluten Top-Hotels, gehen ungern zu Fuß und interessieren sich vor allem für Shopping, Wellness und gutes Essen. Kultur steht normalerweise nicht auf ihrer Liste“, erklärt Natascha Kompatzki, Sprecherin der Berlin Tourismus Marketing GmbH.

Klarheit schafft das Jahrbuch hingegen bei der Frage nach dem Mythos Jobwunder. Danach erhöhte sich die Gesamtzahl der Erwerbstätigen in Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs. Die Zuwachsraten liegen deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Dieser Trend geht jedoch vor allem auf einen hohen Anstieg bei den Selbstständigen zurück. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung hat nur leicht zugenommen.

Jan Schulte Holthausen

Informationen des Statistischen Landesamtes Berlin unter www.statistik-berlin.de und (0 30) 90 21 34 34.