: „Bürgerarbeit“ steckt voller Tücken
betr.: „Haseloff statt Hartz IV“, taz vom 16. 12. 06
„Bürgerarbeit“, wie das so beschönigend genannt wird, ist keine Idee des Herrn Haseloff. Ein entsprechendes Konzept wurde bereits von der „Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen“ 1997 in ihrem dritten Teilbericht veröffentlicht, aus dem alle folgenden Zitate entnommen sind.
Diese „Bürgerarbeit“ steckt voller Tücken: „Bürgerarbeit wird nicht entlohnt, aber belohnt“, soll wohl heißen, die geleistete Arbeit hat nicht den gleichen Wert wie die identische Arbeit eines Arbeitnehmers, dafür gibt’s aber ein Zuckerchen. Andernorts bringen legal entlohnte Arbeitnehmer Weihnachtsschmuck an Kirchen oder öffentlichen Gebäuden an. Hat die Leistung des Herrn Stegert in Bad Schmiedeberg einen geringeren Wert, weil er langzeitarbeitslos ist?
Weiter die Kommission: „Auch stehen sie während einer Projektbeteiligung dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.“ Wer also freiwillig oder unfreiwillig „Bürgerarbeit“ leistet, fällt aus der Arbeitslosenstatistik, muss aber nicht wie andere Arbeitnehmer bezahlt werden. Wenn dann eines Tages zur Bürgerarbeit verpflichtet werden kann, ist das ein feiner Weg zur Vollbeschäftigung und ganz Deutschland wird zum Arbeitslager.
Die „Bürgerarbeit“ stellt aber nur einen Schritt in der CDU-Strategie dar, wie der Kommissionsbericht verrät: Der Niedriglohnbereich soll insbesondere im häuslichen Bereich, der Kinder- und Altenbetreuung etc. ausgebaut werden. Weil bei diesen Tätigkeiten die „Produktivität … in der Regel gering ist“, ist der Nachfrager „zumeist auch nur bereit, ein geringes Entgelt zu zahlen“. So kann „bei produktivitätsorientierter Entlohnung … der Lebensstandard sinken“. Außerdem müsse überwunden werden, dass „niemand noch jemandes Dienstbote sein“ will. Schließlich sei „alles wirtschaftliche Handeln letztendlich Dienst am Menschen“. Nur, wem wird hier gedient, wer ist Nutznießer dieser Niedriglohn- bzw. Belohnungsstrategie?
Niedriglohnarbeit und „Bürgerarbeit“ konkurrieren, und damit diese Abwärtsspirale nicht so schnell ein Ende findet und Menschen bereit sind, für weniger und weniger Geld zu arbeiten, muss „das Sozialhilfeniveau für Erwerbsfähige (heute Hartz-IV-Empfänger) gesenkt“ werden. So sieht die Zukunftsvision der CDU aus, die, 1997 geplant, in Teilen bereits umgesetzt ist.
BIRGIT und CHRISTOPH ADAM, Großrinderfeld
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