: Gewerkschaft: Jobverluste wegen Energiewende
WEHKLAGEN Die Betriebsräte der großen deutschen Stromkonzerne fühlen sich im Stich gelassen
BERLIN taz | Die Betriebsräte von RWE, Vattenfall und Eon warnen gemeinsam mit der Industriegewerkschaft (IG) BCE vor einer „Energiewende zu Lasten der Beschäftigten“. Eine Woche vor der geplanten Verabschiedung des reformierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes sprachen sie von einem weiteren Stellenabbau aufgrund der Stilllegungen von konventionellen Kraftwerken.
„Die Kollegen fühlen sich von der Politik und auch den Medien nicht mehr vertreten“, sagt Norbert Pohlmann, Betriebsratsvorsitzender von RWE. Bereits in diesem Jahr seien fast 1.000 Stellen in dem Unternehmen weggefallen. Eon wiederum habe in Deutschland im vergangenen Jahr 12.430 Mitarbeiter verloren, sagte Eberhard Schomburg, Vorsitzender des Konzernbetriebsrates. „Wir erleben, dass Kohle in Deutschland nicht mehr gewollt wird“, sagte er. Wie viele der Stellen tatsächlich wegen der Energiewende im Kraftwerksbereich – und nicht wegen der schlechten Konjunktur in Europa – wegfallen, konnte Schomburg nicht beziffern. Der Abbau konzentriere sich über alle Konzernsparten, sagte er. Eon machen auch schlechte Geschäfte im europäischen Ausland zu schaffen. Der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, sprach sich zwar nicht gegen eine Förderung erneuerbarer Energien aus, wohl aber gegen das Prinzip, dass Ökostrom vor dem aus fossilen Kraftwerken ins Netz eingespeist wird – das war bisher ein Grundpfeiler der Energiewende. Das aber zerstöre den Restmarkt für konventionelle Energien systematisch, sagte Vassiliadis.
Die Klagen kommen nicht von ungefähr: Bei der in Details immer noch umstrittenen EEG-Reform geht es um die Förderung erneuerbarer Energien. Danach aber folgt die für die Besitzer konventioneller Kraftwerke wichtigere Reform: Energiewende 3.0 nennt sie SPD-Energieminister Sigmar Gabriel. Sie wird darüber entscheiden, was künftig mit Kohle- und Gaskraftwerken noch zu verdienen ist, wenn sie primär als Back-up für Ökoanlagen bereitstehen.
Auch bei den erneuerbaren Energien sieht die Job-Bilanz schlecht aus. 2012 waren es laut Bundesumweltministerium 377.000 Jobs, Tendenz allerdings seither fallend: Während vor allem die Windkraft Zuwächse verzeichnet, sind es in der Solarbranche noch 50.000 Jobs – 2011 waren es noch 125.000. INGO ARZT