: „Er ging für Stoiber durch dick und dünn“
Der Rücktritt von Stoibers Büroleiter war eine unvermeidliche Konsequenz, meint Heinrich Oberreuter
taz: Herr Oberreuter, Sie sind ein intimer Kenner der CSU. Wie bewerten Sie den Rückzug von Stoibers Bürochef Höhenberger?
Heinrich Oberreuter: Der Krisenstab in der Staatskanzlei hat erkannt, dass das eine unvermeidliche Konsequenz ist. Höhenberger hat einen erheblichen Stilbruch begangen. Er hat ein delikates Telefongespräch in einer brisanten Angelegenheit geführt.
Glauben Sie, dass Höhenbergers Anruf mit Edmund Stoiber abgestimmt war?
Es ist abenteuerlich, sich vorzustellen, dass der Ministerpräsident einen Spitzelauftrag gibt über ein Parteimitglied, von dem er sagt, dass sie nicht wichtig sei. Das hat Höhenberger gewiss aus eigenem Antrieb gemacht. Wir wissen ja, dass er seine Aufgaben weniger aus einer Beamtenmentalität heraus erfüllt als vielmehr aus politischem Antrieb. Er ging für seinen Chef immer wieder distanzlos durch dick und dünn.
Wo stand Höhenberger eigentlich in der Staatskanzlei?
Als Büroleiter hatte er sehr viele wichtige Stränge in der Hand. Er hatte neben Amtschef Schön und Hauptberater Neumeyer den engsten Kontakt zu Stoiber.
Welchen Stellenwert hat Frau Pauli, die sagt: „Mit Stoiber geht’s nicht mehr“?
Frau Pauli hat zwar keine Hausmacht, aber mit ihren zugespitzten Aktionen artikuliert sie eine Meinung, die es in der Partei durchaus gibt. Je weiter Sie nach unten gehen, umso breiter wird eine gewisse Stoiber-kritische oder Stoiber-unsichere Stimmung.
Im Raum steht ein Parteiausschlussverfahren gegen Pauli.
Wenn die CSU die Stimmung noch anheizen will, sollte sie so etwas anstrengen. Es wäre absolut kontraproduktiv. Es ist immerhin das Grundgesetz, das immer noch zur innerparteilichen Demokratie verpflichtet.
Egal ob Stoiber informiert war oder nicht, er scheint verunsichert zu sein.
Die Leute in der Staatskanzlei sind zutiefst verunsichert und hören überall das Gras wachsen. Dabei ist Stoiber doch eigentlich Manns genug – und auch alternativlos derzeit. Aber trotzdem entwickeln sie jeden Tag eine neue Form von Hektik. Ich verstehe das nicht.
INTERVIEW: MAX HÄGLER