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Archiv-Artikel

Hilfe zur Selbsthilfe mal ganz anders

AFFÄRE Das Entwicklungshilfe-Unternehmen Agef gerät wegen Korruptionsvorwürfen in die Kritik. Auch die Bundesregierung nimmt den Verdacht der Zweckentfremdung von Steuergeldern „sehr ernst“

Das Ministerium

Das Haus: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wurde 1961 gegründet und beschäftigt rund 600 Mitarbeiter. 80 Prozent von ihnen arbeitet am Dienstsitz in Bonn, die übrigen in Berlin. Weitere 50 sind an den deutschen Auslandsvertretungen tätig.

Der Hausherr: Seit Oktober 2009 wird das BMZ von Dirk Niebel geführt, dem ersten FDP-Politiker an der Spitze des Ministeriums seit Walter Scheel (1961–66). Mit Niebel ins Amt kamen seine Parteifreunde Gudrun Kopp als Parlamentarische Staatssekretärin und Hans-Jürgen Beerfeltz als Staatssekretär. Beerfeltz wurde Ende vorigen Jahres Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Der Haushalt: Im laufenden Haushaltsjahr stehen dem BMZ 6,219 Milliarden Euro zur Verfügung – der siebtgrößte Etat aller 14 Ministerien, der 2,02 Prozent des Gesamthaushalts ausmacht. Die Hälfte seines Etats wendet das BMZ für bilaterale staatliche Zusammenarbeit aus. Der nächstgroße Posten sind Beiträge an die UN, die EU und den IWF. (taz)

KABUL/BERLIN dpa/taz | Wegen der Korruptionsvorwürfe gegen das Berliner Entwicklungshilfe-Unternehmen Agef erwägt die Bundesregierung dem NDR zufolge, die Zusammenarbeit mit der Organisation zu beenden. Nach einer Vorlage für Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) komme die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers zu dem Schluss, dass die Agef möglicherweise Steuergelder zweckentfremdet habe, berichtete NDR Info am Donnerstag. Die Agef (Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im Bereich der Migration und der Entwicklungszusammenarbeit) wies die Vorwürfe zurück.

In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hatte es am Dienstag geheißen, die Regierung nehme „Korruptionsvorwürfe“ gegen die Agef sehr ernst. Das Unternehmen habe „im vergangenen Jahr insgesamt 6,463 Millionen Euro von verschiedenen Bundesministerien zur Durchführung von Projekten überwiegend in Afghanistan und im Irak“ erhalten. Insgesamt waren es seit 2002 rund 20 Millionen Euro an Steuergeldern. Wie viel davon zweckentfremdet worden sein könnte, ist unklar. Die Agef ist spezialisiert auf die Wiedereingliederung von Flüchtlingen, die in ihre Herkunftsländer zurückkehren.

NDR Info berichtete, Price Waterhouse Coopers prüfe seit November unter anderem Anschuldigungen, wonach die Agef Fördergelder für aus Deutschland zurückgekehrte Afghanen falsch abgerechnet haben soll. Die Kontrolle sei wegen fehlender Belege und Originalunterlagen bisher nur schleppend vorangekommen, heißt es nach Angaben des Senders in der Ministervorlage.

Agef-Geschäftsführer Klaus Dünnhaupt dementierte, dass seine Organisation falsch abgerechnet oder Steuergelder zweckentfremdet habe.

Das zuständige Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit habe die Agef nicht ein einziges Mal durch externe Prüfgesellschaften kontrollieren lassen, kritisierte die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ute Koczy, im NDR. „Die Agef-Affäre darf nicht den zivilen Aufbau in Afghanistan diskreditieren.“

Die Bundesregierung hatte im November angekündigt, die Agef zu überprüfen, nachdem die Neue Osnabrücker Zeitung über Vorwürfe gegen die Organisation berichtet hatte. Die Agef hatte damals beim Landgericht Hamburg einen Unterlassungsbeschluss gegen das Blatt erwirkt. Die Neue Osnabrücker Zeitung will gegen diesen Beschluss juristisch vorgehen.

In Afghanistan untersucht das Büro des Generalstaatsanwalts in Kabul Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Organisation. Der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, Amanullah Eiman, sagte der Nachrichtenagentur dpa, einheimische Agef-Mitarbeiter hätten sich darüber beklagt, dass Gehälter nicht gezahlt worden seien und die deutschen Arbeitgeber sich abgesetzt hätten.