REGELN FÜRS MUSIKGESCHäFT : Ohne Orientierung
Nils Schuhmacher
Die unlängst durch den Manager von 1000 Robota, den Manager von Tocotronic und den Schlagzeuger der Goldenen Zitronen gemeinsam (weil in Personalunion) aufgestellten Orientierungsregeln des Musikgeschäfts lauten: „Man braucht als Band Talent, kreative musikalische Ideen und Ausdauer“, „Wollen ist wichtig“, „Die Präsentation der musikalischen Idee ist sehr wichtig“ und „Show ist gut“. Allerdings rücken sie derzeit etwas in den Hintergrund. Schwer scheint das Durchkommen angesichts des sich anbahnenden Sommerlochs und tollster Fußballfeste – wenn man nicht gerade J.Lo, Sportfreunde Stiller oder Andreas Bourani heißt.
Oder wenn man krasse Randgruppen bedient. Die interessieren sich nämlich weder für öffentlichkeitswirksame Präsentation noch für Ausdauer, sondern für sich selbst und hangeln sich beharrlich von Comeback zu Mikro-Ereignis. Groß ist dann die Begeisterung, wenn zum Beispiel Brutal Verschimmelt wieder spielen, eine in den 1980ern Insidern gut bekannte Punkband aus Kempten im Allgäu (So, 6. 7., 20 Uhr, Sauerkrautfabrik), oder in der Hörbar ein Geräuschexperiment der anderen Art seinen Lauf nimmt: Radical 2, ein irrationales, sich jeder Klassifikation verweigerndes Duo aus New York, und Dodo Schielein mit sirrenden Geräuschen in Glas (25. 6., 21 Uhr, B-Movie). Wem das alles partout nichts sagt oder nicht zusagt und wer trotzdem einem kleinen Hoffnungsschimmer jenseits geschäftsmäßiger Muckerei nicht abgeneigt ist, kann sich über etwas Altehrwürdiges im falschen Kleid freuen. Als Ratttengold jedenfalls kommen der Schlagzeuger von Kurt, der Bassist von Dackelblut, der Gitarrist von Blumen am Arsch der Hölle, der Sänger von Alte Sau und ein glatzköpfiger Chor vorbei, mit gefühlten Titeln wie „Wollen ist wichtig, aber das Richtige sollte es sein“, „Man braucht als Band Instrumente“ und sicher auch: „I show you my middlefinger“. Geht immer. Besonders derzeit. (So, 22. 6., 20 Uhr, Hafenklang)