: Bremerhaven geht auf Nummer sicher
BADEVERBOT Vor einem Jahr hat das Land Bremen seine Badegewässerverordnung geändert: Seitdem darf in der Weser gebadet werden. Nur Bremerhaven bleibt bockig und sperrt den Strand
Grundsätzlich darf man im Land Bremen in der Weser baden. Auf eigene Gefahr. So steht es in der „Verordnung zur Regelung des Gemeingebrauchs an Gewässern“, erlassen am 21. Mai 2013. Nur drei Flussabschnitte sind davon ausgenommen.
In ganz Bremen ist die Weser also seit einem Jahr zum Baden freigegeben? Nein, es gibt ja noch Bremerhaven. Eine von unbeugsamen Politikern bevölkerte Hafenstadt. Dort steht am einzigen Strand der Stadt, südlich der Museumsmeile, weiter ein Verbotsschild (siehe Foto auf Seite 41). Weil es die Regierungskoalition aus SPD und CDU in Bremerhaven so will.
Seit 1999 machen die beiden Parteien dort mehr oder weniger gemeinsame Sache. Fast genau so lange steht ihnen Harm Ahlers, ein Bremerhavener Hals-Nasen-Ohren-Arzt, auf den Füßen mit der hartnäckigen Nachfrage, warum in der „Seestadt Bremerhaven“ – Werbeslogan: „Meer erleben“ – das Baden am städtischen Sandstrand verboten sein soll. 2005 gründete Ahlers den Verein Weserschwimmer e. V., dessen Vorsitz er seitdem ausübt. Vereinsziel: „Förderung des Schwimmens in Naturgewässern als Breitensport“.
Er schwimme einfach gern in Naturgewässern, begründet Ahlers sein Engagement. Auch in der Weser, jedenfalls seitdem deren Wasserqualität wieder gut ist. Regelmäßig lädt sein Verein zu Badetagen in der Weser, die er sich vor Gericht erstritten hat. Er könnte auch einfach so in den Fluss springen, sagt Ahlers. „Es hindert mich ja niemand daran.“ Aber die Bockigkeit der Bremerhavener Politiker ärgert ihn. „Ich will, dass alle im Weserstrandbad baden dürfen.“
Mit der seit einem Jahr geltenden neuen Landesverordnung zum Gewässergebrauch – die nicht zuletzt auf den Kampf seiner Weserschwimmer zurückgeht – hatte er eigentlich gewonnen. Dachte er. Aber pünktlich zum Beginn der Badesaison im vergangenen Jahr verkündete der Bremerhavener Oberbürgermeister: „Badeverbot am Weser-Strandbad bleibt bestehen.“ Das Baden an dieser Stelle sei einfach zu gefährlich, begründete er die Extra-Regelung.
Dass der Bremer Umweltbehörde dies nicht auch aufgefallen ist, liege schlicht daran, dass die sich nicht weiter mit den „Besonderheiten im Bereich des Weserstrandbades“ befasst habe. Was so nicht stimmte, weil genau diese Behörde selbst in den Jahren zuvor wegen Sicherheitsbedenken ein Aufheben des Badeverbots verhindert hatte – und sich 2009 vor Gericht eines Besseren belehren lassen musste.
Dennoch bestellte die Bremerhavener Kommunalverwaltung daraufhin erneut ein Gutachten, das im März 2014 endlich vorlag. Ergebnis: Baden auf eigene Gefahr ist möglich und sollte zugelassen werden. Daraufhin hätte der Bremerhavener Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) mit einem einfachen Verwaltungshandeln das Verbot aufheben können. Er hätte nur die kommunale Bädergesellschaft, die das Strandbad betreibt, anweisen müssen, die Verantwortung für das Gelände zurückzugeben. Es wäre dann wie die anderen Flussabschnitte kein privater Raum mehr, sondern Gemeinbesitz. Und damit frei beschwimmbar.
Stattdessen sollten aber erst die Parlamentarier das Vorhaben absegnen, in der Stadtverordnetenversammlung im Mai. Doch auf dieser kam das Thema nicht zur Sprache und auch auf der am 10. Juli, der letzten vor der Sommerpause, werde es wohl nichts, sagen übereinstimmend die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und Grünen. „Nicht entscheidungsreif“, sagt einer.
Dabei spricht nichts dafür, dass die Regierungsfraktionen das Verbot aufheben werden. Der SPD-Fraktionsvorsitzende, Sönke Allers, sagt nur „nicht offiziell“ etwas zu dem Thema, das dann aber sehr deutlich. Sein CDU-Kollege Paul Bödeker hat keine Probleme, seine ablehnende Haltung zu begründen. „Das ist wegen der starken Strömung dort viel zu gefährlich“, sagt er. Und dass Warntafeln nicht ausreichen würden, um die Leute davon abzuhalten, ihr Leben zu riskieren.
„Ich will, dass niemand ertrinkt“, sagt Bödeker. Und dass er eine namentliche Abstimmung fordern werde, damit niemand hinterher sagen könne, er sei unschuldig, wenn dann doch etwas passiert.
Selbst die Grünen, die lange mit Ahlers für die Verbotsaufhebung gekämpft haben, sind sich noch nicht einig. „Ungefährlich ist das nicht“, drückt es der Stadtverordnete Ulf Eversberg aus. Dennoch sei er dafür, das Baden zu erlauben. „Wir können nicht alles verbieten, was gefährlich ist.“ EIKEN BRUHN