: Stoiber tief gekränkt
Aus MÜNCHEN MAX HÄGLER
Es waren keine besinnlichen Weihnachten in Bayern. Selbst am Tag der Bescherung, am 24. Dezember, ging der Kampf zwischen der Fürther Landrätin Gabriele Pauli und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber weiter. Noch in den Sonntagszeitungen kamen die beiden CSU-Parteifreunde zu Wort – von Versöhnung keine Spur.
Stoiber gab sich nach den Spitzelvorwürfen gekränkt und attackierte: „Ich regiere als Ministerpräsident in Bayern seit mehr als einem Jahrzehnt mit größter Korrektheit und Erfolg. Ein solcher Vorwurf kann nur aus einer bösen Ecke kommen.“
Erst am Freitag hatte er seinen Büroleiter und Vertrauten Michael Höhenberger entlassen, dem Pauli vorwirft, sich nach ihrem Privatleben, Männerbekanntschaften oder möglichen Alkoholproblemen erkundigt zu haben – mit dem Ziel, sie zu diskreditieren. Stoiber hält im Gegenzug das Gebaren seiner Kontrahentin für anmaßend und parteischädigend: Weder die Basis noch die CSU-Führung wollten einen „Solotrip auf Kosten der Partei“. „Frau Pauli ist nicht die CSU und wird es niemals werden.“
Die pfefferte zurück: „Stoiber hat eigentlich das Herz der Partei damit verkauft, denn eine Partei lebt davon, dass Diskussion möglich ist.“ Das parteischädigende Verhalten gehe nicht von ihr aus, sondern vom Büro des Ministerpräsidenten. „Hier wurden Maßnahmen gegen Kritiker eingeleitet, um Kritiker mundtot zu machen.“ Neben ihr seien noch weitere kritische CSU-Politiker bespitzelt worden. „Ich habe mehrere Anrufe von Parteifreunden bekommen, die ein ähnliches Schicksal erlitten haben.“ Statt Stoiber sollten zur Landtagswahl 2008 entweder der bayerische Innenminister Günther Beckstein antreten oder Horst Seehofer, Bundesminister für Verbraucherschutz. Die Entscheidung über den besten Kandidaten soll die Basis per Mitgliederentscheid fällen, so Paulis Wunsch. Unterstützung bekommt sie etwa vom Schweinfurter Landrat Harald Leitherer und dem dortigen Landtagsabgeordneten Gerhard Eck, die auch für eine solche Befragung sind.
Mit ihrem Wunschkandidaten Beckstein war Pauli am Freitag zusammengekommen. Zwei Stunden saßen die beiden in der Nürnberger CSU-Zentrale zusammen, um hernach bei getrennten Pressekonferenzen festzustellen, dass sich beide Seiten – die Kritikerin und die Parteioberen – nicht annähern konnten. Bemerkenswert aber ein Zugeständnis Becksteins an die Stoiber-Kritikerin. „Das ist möglich“, sagte der Innenminister und Chef des Nürnberger CSU-Bezirks auf die Frage nach einem Basisentscheid.
Solche Zwischentöne konnte man am Weihnachtswochenende noch mehrmals hören, etwa von CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann: „Die Staatskanzlei sollte sich auf gute Politik konzentrieren und nicht auf die Suche nach Gegnern von Edmund Stoiber“, sagte der immer mal wieder als Stoibers Kronprinz gehandelte Landtagspolitiker. Herrmann wies allerdings Paulis Vorwurf zurück, es gebe ein ganzes Bespitzelungssystem.
Bemerkenswert ebenfalls die Begründung von Alois Glück, Landtagspräsident und Programmchef der Partei, wieso ein Kandidaten-Basisentscheid keinen Sinn mache. Es gebe derzeit einfach keine Alternativen zu Stoiber. Der viel gescholtene Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) ergriff offen Partei für Pauli: „Ich wünsche, dass Gabriele Pauli in der Partei bleibt“, sagte Schnappauf, der auch einem Basisentscheid nicht abgeneigt ist. Unter anderem ein Staatssekretär aus seinem Hause hatte Paulis Rauswurf gefordert.
Stoiber selbst räumt einer Mitgliederbefragung wenig Chancen ein: „Darüber ist gerade erst beim letzten Parteitag im Oktober abgestimmt worden. Das Ergebnis war Ablehnung mit 20 zu 1.000 Stimmen.“ Er sei aber sehr für Basisnähe, deshalb könne jeder beim nächsten Parteitag erneut einen solchen Antrag zur Abstimmung stellen.