: Die Schul-Unterschicht
Schlecht bezahlte HauptschulpädagogInnen bekommen Rückendeckung. Jungliberale fordern Gehaltserhöhung
Ihr Arbeitsplatz wird gern als „Verwahranstalt“ oder schlicht als „Sackgasse“ bezeichnet. Sie gelten als dauergestresst und lustlos. An der Berliner Rütli-Schule wollten sie sich deshalb gleich selbst abschaffen. Nein, der Beruf HauptschullehrerIn taucht auf den Wunschlisten deutscher LehramtsstudentInnen wohl nicht auf. Doch gut gebildete Jugendliche aus NRW machen sich daran, das Image der bemitleidenswerten Lehrkräfte aufzupolieren. Die Jungen Liberalen (Julis), also die politische Stimme von Jugendlichen, die Hauptschulen in der Regel nur aus Kriminalfilmen kennen, fordern nun bessere Bezahlung für die dortigen LehrerInnen.
Angesichts ihrer „enormen psychischen und zeitlichen Belastung“ solle ihr Gehalt dem von GymnasiallehrerInnen angeglichen werden, sagt Marcel Hafke, Landesvorsitzender der Julis, der WAZ. Ob er seiner Mutterpartei FDP damit Scharen sinnsuchender PädagogInnen zuspielen wird, sei dahingestellt. Die politische Botschaft ist jedenfalls so konsensfähig, dass sich die Julis hier eine alte Forderung der bei Liberalen ungeliebten Gewerkschaften auf die Fahnen geschrieben haben. Die drängten das Schulministerium schon Mitte des Jahres, HauptschullehrerInnen eine Art Schmerzensgeld zu zahlen.
Tatsächlich gibt es an Hauptschulen bei der Einstellung bis zu 300 Euro weniger zu verdienen als an Gymnasien. „Das hängt mit der geringeren Qualifikation der Lehrer zusammen“, erklärt Nina Schmidt aus dem Landesschulministerium. Auch seien Beförderungen an Gymnasien bisher leichter zu haben. Die Bildungsgewerkschaft GEW im Land kritisiert zudem den Lehrermangel an den Hauptschulen in NRW. Rund die Hälfte des Unterrichts werde von fachfremden KollegInnen erteilt.
LehrerInnen an Hauptschulen sind daher häufiger lustlos und niedergeschlagen als an anderen Schulformen. Das hat erst kürzlich eine Studie im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes bestätigt. Während die Lehrkräfte an Grundschulen und Gymnasien eher an Selbstüberforderung scheitern, fehlt bei den PädagogInnen am unteren Ende des dreigliedrigen Schulsystems schlicht die Motivation, sich für ihre oft schwierigen SchülerInnen zu engagieren. Das NRW-Schulministerium hat seine eigene Lösungsmethode dafür. 500 HauptschullehrerInnen wurden 2006 zusätzlich eingestellt. Ihr Gehalt bleibt weiterhin zweitklassig. MORITZ SCHRÖDER