: Vogelgrippe bringt den Tod
In Ägypten sterben drei Menschen an der Vogelgrippe. In Europa gab es in den letzten Monaten zwar keine Neuinfektionen, die Virusexperten gehen jedoch davon aus, dass das Virus immer noch da ist. Ein erneuter Ausbruch ist jederzeit möglich
VON WOLFGANG LÖHR
Anfang des Jahres 2006 bestimmte noch weitgehend die Vogelgrippe die täglichen Schlagzeilen in den Medien. Inzwischen ist sie fast verschwunden – zumindest aus den Zeitungen. Doch für eine Entwarnung besteht überhaupt kein Anlass. Ganz im Gegenteil: Neue Hiobsbotschaften zeigen, das Vogelgrippevirus H5N1 ist immer noch gefährlich für Mensch und Tier: Gleich drei an der Vogelgrippe gestorbene Menschen mussten die Gesundheitsbehörden in Ägypten in den letzten Tagen melden.
Die drei Toten, eine 30-jährige Frau, ein 15-jähriges Mädchen und ein 26-jähriger Mann, gehörten alle zu einer Großfamilie aus der Nildelta-Provinz Gharbija, rund 80 Kilometer nordwestlich von Kairo. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hätten sie Kontakt mit infizierten Enten gehabt. Nachdem einige der von ihnen auf dem Hof gehaltenen Tiere erkrankt waren, hätten sie diese noch schnell geschlachtet. Bisher gehen die Gesundheitsexperten davon aus, dass sie sich an den Tieren infiziert haben und somit keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung stattgefunden hat. Seit Ausbruch der Vogelgrippe in Ägypten im Februar 2006 starben dort damit 10 Menschen an dem H5N1-Virus.
Weltweit haben sich nach Angaben der WHO inzwischen 261 Menschen mit dem Vogelgrippevirus angesteckt, für 157 davon war die Infektion tödlich. Betroffen sind vor allem die asiatischen Staaten Indonesien, Vietnam, Thailand und China. Außerhalb dieser Region ist laut WHO-Statistik Ägypten am stärksten betroffen. Zwar gab es auch aus mehreren afrikanischen und arabischen Ländern Meldungen über infiziertes Geflügel, Menschen sollen sich dort aber nicht infiziert haben. In Europa gab es in letzter Zeit keine neuen Infektionen. Befürchtet wird jedoch, dass das H5N1-Virus dort immer noch vorhanden ist und es jederzeit zu neuen Ausbrüchen kommen kann.
Allein in Ägypten sind im Laufe des Jahre aus Sicherheitsgründen weit über 30 Millionen Tiere getötet und vernichtet worden. Über 300.000 Tiere wurden geimpft. Werden infizierte Tiere entdeckt, muss im Umkreis von einer Viertel Meile das gesamte Geflügel vernichtet werden. Das Problem sei nur, so berichten lokale Zeitungen, dass viele auf den Hinterhöfen gehaltene Tiere versteckt werden, wenn die staatlich beauftragten Tötungsteams auftauchten.
Auch für Deutschland gibt es derzeit noch keinen Grund für eine Entwarnung, sagte vor kurzem Professor Thomas C. Mettenleiter, der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Insel Riems. Daher wird vom FLI eine Abkehr von der bestehenden Stallpflicht in Risikogebieten auch nicht empfohlen. Das Infektionsrisiko wird „weiterhin mit hoch“ bewertet. Auch, dass die letzte in Deutschland registrierte H5N1-Infektion jetzt schon fast fünf Monate her ist, ändert nichts an dieser Einschätzung. Anfang August war das H5N1-Virus im Dresdner Zoo bei einem verendeten Trauerschwan nachgewiesen worden.
Insgesamt konnten die Virusexperten in Deutschland 344 infizierte Wildvögel ausfindig machen. Der Dresdner Trauerschwan war übrigens auch das letzte infizierte Tier, dass überhaupt in Europa entdeckt wurde. Das heißt aber nicht, dass es hierzulande keine infizierten Vögel gibt. „Wir gehen davon aus, dass es da ist“, sagt FLI-Sprecherin Elke Reinking.
Für die Vogelgrippeexperten ist es eine statistische Rechnung. Da bei den Wildvögeln nur Stichproben untersucht werden können, müssen die Daten auf die Gesamtpopulation hochgerechnet werden. Die Anzahl der untersuchten Vögel reicht statistisch aber nicht aus, um die Anwesenheit des H5N1-Virus mit Sicherheit ausschließen zu können.
Dazu kommt, dass das ungewöhnlich warme Wetter in den letzten Monaten schlecht für die Viren waren. Je wärmer es ist, umso schneller sterben die Viren im Kot oder Gefieder ab. Damit wird eine Neuinfektion behindert. Die derzeit relativ hohen Temperaturen begünstigen auch den Gesundheitszustand der Tiere. Die Gewässer sind noch nicht zugefroren, die Tiere haben genug Nahrung und sind nicht so geschwächt wie in einem „normalen“ Winter. Das kann sich jedoch schnell ändern, wenn die Temperaturen fallen.