SPANIEN: JÜRGEN KLINSMANN AN DIE SPANISCHE NATIONALELF AUSLEIHEN
: Das Geheimnis der Deutschen

Was für ein Sommer: Als wäre die unerträgliche Hitze nicht schon genug gewesen, kam auch noch die unsägliche Fußball-WM hinzu. Was wurden die spanischen Jungs im Vorfeld gelobt, gar zum Geheimfavoriten Nummer eins erhoben. Und trotz aller Skepsis – Spanien hat schließlich bei einer WM noch nie etwas gewonnen –, der Funke der Begeisterung sprang über. Zehntausende zogen auf die Straße, um die Spiele auf einer Großleinwand zu sehen. Allerorten wurden Landesfahnen mit einem Stier als Zeichen der Kraft geschwenkt. Der rot-gelbe Rausch machte vergessen, dass verschiedene spanische Regionen die Debatte um weitere Eigenständigkeit erneut entfacht hatten. Für einen Moment hieß es: Ein Volk, eine Fahne, eine Selección.

Und dann waren es ausgerechnet die Franzosen, die noch nie allzu viele Freunde auf der Iberischen Halbinsel hatten, die die „fantastische Elf“ aus dem Achtelfinale kickten: ganz ohne Mühe. Die Fahnen verschwanden spurlos in der Mülltonne. Der Fatalismus der Spanier kehrte zurück, der politische Alltag auch. Ganz anders in Deutschland: Da trat eine Elf ohne große Namen an und steigerte von Spiel zu Spiel ihre Leistung. Zwar endete die Erfolgsserie im Halbfinale gegen Italien, doch da war die Nationalmannschaft längst „Weltmeister der Herzen“ geworden. Eine Nation war glücklich, der politische Alltag vergessen.

In Spanien heißt es: Fußball sind zweimal elf Mann, und am Ende gewinnt immer Deutschland. Was wie herablassende Kritik klingen soll, ist schlecht versteckter Neid. Denn viele fragen sich, was das Geheimnis für die erstaunliche fußballerische Konstanz der Deutschen ist.

Vielleicht könnte Kanzlerin Angela Merkel ihren spanischen Amtskollegen José Luis Rodríguez Zapatero mal zur Seite nehmen, um ihm – so von Fußballbanause zu FC-Barcelona-Fan – dieses Geheimnis zu verraten. Oder einfach Jürgen Klinsmann zum Training nach Spanien beordern.

Die Spanier würden es ihr sicher danken. Eine erfolgreiche Selección bei der nächsten EM – falls sie sich überhaupt qualifizieren sollte – wäre eine Sensation. Und was wäre schöner, als zu sehen, wie Zapatero – immerhin der Vater der spanischen Homoehe – überglücklich einen dieser verknöcherten Spitzenfunktionäre des spanischen Fußballverbandes küsst?

REINER WANDLER, MADRID