: Grundstein für erste Ost-Moschee
Ahmadiyya-Gemeinde beginnt mit Bau eines Gotteshauses in Berlin. Unterstützung von Bürgermeister und Integrationsbeauftragtem. Geringe Beteiligung an Protestdemo
BERLIN taz ■ Wer gestern auf dem Weg in Richtung Tiniusstraße in Berlin-Heinersdorf war, musste den Eindruck haben, ihn erwarte ein Massenaufstand. „Nein, nein, nein zur Moschee“, dröhnte es mit lauten Stimmen aus der Richtung. Doch vor Ort waren gerade mal zwei Dutzend Demonstranten. Das Geschrei kam aus einem Lautsprecher.
Der Protest gegen den Bau der Ahmadiyya-Moschee in Berlin-Heinersdorf ist deutlich abgeflaut. Während sich noch im vergangenen Frühjahr kurz nach Bekanntwerden des Vorhabens ein Bürgermob formierte, der es unter anderem mit Hilfe der rechtsextremen NPD schaffte, einige tausend Menschen gegen den ersten Moscheenbau auf früherem DDR-Gebiet aufzubringen, kamen gestern zur Grundsteinlegung gerade einmal zwei Dutzend Demonstranten.
„Wieder einmal hat sich eine Minderheit gegen die Meinung der Mehrheit durchgesetzt“, sagte der Moscheebaugegner Walther Döring. „Kein Wunder, dass den Politikern nicht mehr vertraut wird.“ Zu der Kundgebung hatte die Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger (IPAHB) aufgerufen, die seit Monaten gegen die Ahmadiyya Muslim Gemeinde hetzt. Zwei Bürgerbegehren wollte die Initiative bereits starten, die aber für unzulässig erklärt wurden, weil sie gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit verstießen. Weitere Proteste sind geplant.
Die Grundsteinlegung selbst verlief gestern friedlich. Rund 400 Muslime aus ganz Deutschland waren zu der Zeremonie auf dem Baugrundstück gekommen. Vertreter der Ahmadiyya-Gemeinde schichteten mehrere Backsteine übereinander. Zuvor hatten sie Verse aus dem Koran zitiert und zu einem friedlichen Miteinander aufgerufen. Unter den Gästen war auch das geistige Oberhaupt der Ahmadiyyas, Mirza Mazroor Ahmad, der nach seiner Vertreibung aus Pakistan in London im Exil lebt. Proteste gegen ihre Gebetshäuser seien sie gewohnt, so das Oberhaupt. Die Erfahrung habe jedoch gezeigt, dass es die Gemeinde anschließend immer geschafft habe, Vertrauen in der Nachbarschaft aufzubauen. „Sehr häufig werden die Gegner zu Freunden von Ahmadiyya“, sagte der Präsident der Ahmadiyya Muslim Gemeinde in Deutschland Abdullah Uwe Wagishauser. „Trotz der vergifteten Stimmung bleibt unsere Bereitschaft zum Dialog.“
Anwesend waren auch der Pankower Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) und der Berliner Integrationsbeauftragte Günter Piening. „Unsere Verfassung garantiert die Religionsfreiheit als Grundrecht“, sagte Piening. Und zu den elementaren Grundrechten gehöre auch der Bau eines Gotteshauses. Daher werde sich in Heinersdorf in den kommen Monaten entscheiden, „ob das Grundrecht der Religionsfreiheit wirklich mit Leben gefüllt wird“.
Die Ahmadis verstehen sich als Reformbewegung innerhalb des Islams. Wegen ihrer modernen Auslegung des Korans wurden sie jedoch 1975 aus der Gemeinschaft des Islam ausgeschlossen und sind in zahlreichen muslimischen Ländern verboten. Die Ahmadis grenzen sich scharf von militant-fundamentalistischen Strömungen des Islam ab und betonen dessen friedliche und tolerante Elemente. Auch der Verfassungsschutz stuft die Gemeinde als friedlich ein. In Berlin hat die Ahmadiyya Muslim Gemeinde nach eigener Auskunft rund 200 Mitglieder. Deutschlandweit sind es rund 30.000, die mehr als ein Dutzend Moscheen unterhalten.
Die Moschee in Berlin-Heinersdorf soll noch 2007 fertiggestellt und nach der ersten Ehefrau des Propheten Mohammed „Khadidja“ benannt werden. Geplant ist auf dem etwa 4.000 Quadratmeter großen Areal ein zweigeschossiges Gebäude mit einem zwölf Meter hohen Minarett. FELIX LEE