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Archiv-Artikel

Reaktor verliert seinen Schutz vor Fluglärm

BER Bundesverwaltungsgericht kassiert Urteil zu Wannsee-Flugroute. Kosten für Flughafen weiter unklar

Über den Forschungsreaktor Wannsee könnte bald doch eine Flugroute gehen: Das Bundesverwaltungsgericht hat am Donnerstag ein Urteil der Vorinstanz gekippt. Es ging darin um eine der Routen, die für den Abflug vom neuen Flughafen BER gelten werden – drei Kilometer an dem Reaktor vorbei, der ohne Betonhülle in einer ungesicherten Halle steht. Die Richter der vorherigen Instanz hatten moniert, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung das Risiko eines Flugzeugabsturzes nicht ermittelt habe – und die Route untersagt.

Das ging den Richtern am Bundesverwaltungsgericht zu schnell. Sie urteilten: Wenn das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung das Risiko nicht ermittelt, dann hätte die erste Instanz das Risiko erst einmal selbst berechnen müssen, anstatt die Route gleich zu verbieten. Daher wurde der Rechtsstreit wieder an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

Das wird sich nun erneut mit der Sache befassen und die Frage klären müssen, wie häufig Flugzeugabstürze 30 Kilometer nach dem Start sind. Risiken sind laut dem Bundesverwaltungsgericht zu vernachlässigen, wenn sie „dem Bereich des so genannten Restrisikos zuzuordnen sind, das als allgemeines Lebensrisiko von jedem zu tragen ist“. Bei anderen Entscheidungen wurde das angenommen, wenn ein Fall rein rechnerisch seltener als einmal in 1 Million Jahren eintritt.

Laut der vom Umweltministerium eingesetzten Reaktorsicherheitskommission könnte ein Flugzeugabsturz auf den Reaktor zur Kernschmelze führen. Die Folgen: Das Gebiet unmittelbar um den Reaktor müsste evakuiert werden, darüber hinaus würde das Schlucken von Jodtabletten gegen die Radioaktivität empfohlen.

Der Finanzausschuss des BER-Aufsichtsrates hat unterdessen am Donnerstag den ganzen Tag darüber beraten, ob es eine weitere Finanzspritze aus Steuergeld für den Bau gibt. Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn verlangt weitere 1,1 Milliarden Euro – zusätzlich zu den bisherigen Kosten von 4,3 Milliarden Euro. Die Sitzung begann um 11 Uhr und war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet.

Das Land Berlin teilt sich die Kosten für den Flughafen mit den Miteigentümern Brandenburg und dem Bund. Eine Gesamtübersicht über alle Kosten, die bis zur Fertigstellung anfallen werden, gibt es bisher genauso wenig wie einen Terminplan. Nach wie vor hakt es am Brandschutz. SEBASTIAN HEISER