piwik no script img

Archiv-Artikel

Äthiopien will weg aus Somalia

Beratungen über Ablösung der äthiopischen Armee durch eine AU-Friedenstruppe

BERLIN taz ■ Die äthiopische Regierung hat Gespräche mit anderen afrikanischen Ländern über einen Abzug ihrer Interventionstruppe aus Somalia zugunsten einer Eingreiftruppe der Afrikanischen Union (AU) aufgenommen. Ugandas Präsident Yoweri Museveni traf gestern zu Beratungen in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba ein, wo sich auch die AU-Zentrale befindet. Nach ugandischen Presseberichten stehen 1.000 ugandische Soldaten in Bereitschaft für einen Einsatz in Somalia. Die Stationierung einer AU-Truppe, an der die unmittelbaren Nachbarländer Somalias nicht beteiligt sein sollen, hatte der UN-Sicherheitsrat am 6. Dezember 2006 beschlossen. Die AU hatte am 27. Dezember den Abzug Äthiopiens aus Somalia gefordert.

Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi hatte am Dienstag in Addis Abeba erklärt, sein Land könne sich einen langen Einsatz in Somalia nicht leisten. „Da wir unsere Mission erfüllt haben, konzentrieren wir uns jetzt darauf, unsere Truppen zurückzuziehen und den Kampf gegen Armut weiterzuführen“, sagte Meles vor dem äthiopischen Parlament. Die AU-Forderung nach Äthiopiens Abzug „reflektiert Äthiopiens eigene Position“, behauptete Meles und sagte, Äthiopien sei zum Krieg „gezwungen“ worden. Er sprach, nachdem erstmals zwei äthiopische Soldaten in Somalia bei einem Selbstmordanschlag getötet worden waren. Äthiopiens Luftwaffe leistete sich außerdem am Dienstag eine Panne, indem sie einen Ort in Kenia bombardierte.

In Äthiopien stößt der militärische Vorstoß nach Somalia nicht auf einhellige Zustimmung. Die parlamentarische Opposition hat daran Kritik geübt, und Rebellen im Osten Äthiopiens haben verstärkte Aktionen gegen die Regierungsarmee gemeldet. Äthiopiens größte bewaffnete Oppositionsgruppe, die Oromo-Befreiungsfront (OLF), rief Ende Dezember alle Regierungsgegner zur Einheit auf, um ein „rasches Ende“ der Regierung herbeizuführen.

Auch in Somalia wächst Kritik. Der Präsident des somalischen Übergangsparlaments, Sharif Hassan Heikh Aden, hat am Dienstag in einem Brief an EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso den Rückzug Äthiopiens aus seinem Land gefordert. Äthiopien habe mit dem Eingreifen „die territoriale Souveränität, die politische Unabhängigkeit und die Einheit Somalias verletzt“, so Sheikh Aden. Die EU beriet gestern in Brüssel über Somalia und verlangte Gespräche zwischen Regierung und Islamisten.

Mit Sheikh Adens Äußerung brachen alte Streitereien innerhalb der somalischen Übergangsregierung, die mit äthiopischer Hilfe die bisher herrschenden Islamisten aus Somalias Hauptstadt Mogadischu vertrieben hat, wieder auf. Als die Regierung noch in der Kleinstadt Baidoa residierte, hatte der Parlamentspräsident den Kontakt zu gemäßigten Islamisten in Mogadischu gesucht, während Präsident Abdullahi Yusuf und Premierminister Mohammed Gedi bereits auf die militärische Linie setzten. Für zusätzliche Empörung sorgte am Dienstag Somalias Innenminister Hussein Aidid, der in Mogadischu vor Clanführern die Vereinigung Somalias mit Äthiopien vorschlug.

DOMINIC JOHNSON