: Jukebox
Treffen der großen Unbekannten
Vielleicht kann man Sydney Youngblood als musikalische Entsprechung für das nehmen, was der französische Philosoph Roland Barthes mal als „Tod des Autors“ beschrieben hat: Fast jeder hat schon mal einen seiner Songs aufgegriffen und munter mitgeträllert; die halbe Welt kennt sein Werk – aber seinen Namen kennt niemand. Auf Youngbloods Homepage findet sich im Bereich „Presse“ keine einzige Rezension. Und selbst die Online-Klatschtante Wikipedia weiß nicht mehr über ihn zu berichten als einen mageren Satz zu Herkunft und Geburtstag.
Umso erstaunlicher ist es also, dass Sydney Youngblood in den frühen 90ern gleich zwei Welthits geschrieben und gesungen hat. Wer sich nicht an den Musiker erinnert, dem ist wenigstens der Songtitel „If only I could“ ein Begriff oder auch „Sit and wait“.
Der Einstieg ins Musikgeschäft verlief für den gebürtigen Texaner ziemlich erfolgreich. Im Jahr 1980 kam Sydney Pollack mit der US-Army nach Mannheim und blieb dort auch, als sein Militärdienst beendet war. Nachdem er in einigen Bands spielte und sang, begann Sydney Youngblood im Jahr 1988 sein Soloprojekt. Schon auf seinem Debüt-Album (1989) befanden sich seine beiden Hits. Danach produzierte er nur noch einige Singles – ohne großen Erfolg. Die Worte „If only I could I would make this world a better place / Ooh believe me [...] if only I could“ lassen sich da durchaus auf sein musikalisches Schaffen umlegen.
Selbst großangelegte Werbekampagnen in Deutschland für seine Weihnachtssingle 1999 konnten kein Comeback von Sydney Youngblood bewirken. Konzerte gibt er nun sogar bei Brauereifesten in mittelgroßen deutschen Städten oder beim Ratiopharm-Zwillingstreffen. Angemessener ist da schon der Rahmen seines Konzertes am Mittwoch in Berlin: Zusammen mit Jack Ashfort und Joe Hunter als The Funk Brothers tritt er im Postbahnhof auf. Mit ihnen teilt er übrigens das gleiche Schicksal: Ashfort und Hunter waren lange die Studioband des Detroiter Motown-Labels und somit die unbekannten Musiker von Weltstars wie Diana Ross oder Stevie Wonder. Andrea Edlinger