: Verfassungsrichter halten Umoperation für unzumutbar
URTEIL Bei lesbischen und schwulen Transsexuellen werden eingetragene Partnerschaften erleichtert
FREIBURG taz | Transsexuelle Frauen müssen sich nicht mehr unbedingt operieren lassen, um eine eingetragene Partnerschaft mit einer anderen Frau einzugehen. Dies entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht und erklärte das Transsexuellengesetz teilweise für grundgesetzwidrig. Das Urteil gilt auch für transsexuelle Männer.
Geklagt hatte eine 62-jährige Frau aus Berlin. Sie war als Mann geboren worden, lebte aber schon seit langem in einer weiblichen Rolle. Da sie homosexuell orientiert ist, wählte sie eine Frau als Partnerin und wollte mit ihr eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Das Standesamt lehnte dies ab, weil die Transfrau noch in einem eher männlichen Körper lebte. Mann und Frau könnten nur die Ehe eingehen und keine eingetragene Homo-Partnerschaft, so die Beamten.
Die 62-Jährige hatte zwar einen weiblichen Vornamen angenommen und ließ sich hormonell behandeln, sodass ihre Stimme höher wurde und ihr Brüste wuchsen. Sie ließ jedoch Penis und Hoden nicht in eine Vagina umoperieren, weil ihr das in ihrem Alter zu riskant war.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde hatte sie nun Erfolg. Eine Umoperation der Geschlechtsorgane sei unzumutbar, wenn sie therapeutisch nicht angezeigt ist, entschieden die Richter. Etwa ein Viertel der Transsexuellen strebt keine Operation an und ist mit der „kleinen Lösung“ – dem neuen Namen und einem Auftreten in dem als richtig empfundenen Geschlecht – zufrieden.
Auch eine Heirat sei dem Paar nicht zuzumuten, erklärten die Richter. Wenn die beiden rechtlich als Ehepaar auftreten, könne sich jeder denken, dass eine der beiden transsexuell sein muss. Ein derartiges Zwangsouting verletze die Intimsphäre.
Die entsprechenden Regelungen des Transsexuellengesetzes dürfen bis zu einer Neuregelung nicht mehr angewandt werden. In Deutschland leben einige tausend Transsexuelle.
(Az.: 1 BvR 3295/07)
CHRISTIAN RATH