: Der absolute Verlust
Ole von Beusts CDU verliert ihre Mehrheit in der Bürgerschaft, Rot-Grün liegt knapp in Führung. Ein Jahr vor der Hamburg-Wahl sagt neue Umfrage den politischen Wechsel im Rathaus voraus
Von Sven-Michael Veit
Alle kennen Ole von Beust, mehr als die Hälfte will ihn als Bürgermeister, die erneute absolute Mehrheit für die CDU in der Hamburger Bürgerschaft aber wackelt mächtig. Auf nur noch 44 Prozent käme die Hanse-Union, wenn am morgigen Sonntag gewählt würde. Die Oppositionsparteien SPD und GAL würden zusammen auf 46 Prozent kommen: Eine knappe Mehrheit für Rot-Grün sagt gut ein Jahr vor der Bürgerschaftswahl im Februar 2008 eine repräsentative Meinungsumfrage des Psephos-Instituts für NDR und Abendblatt voraus, die am heutigen Sonnabend veröffentlicht wird.
Danach muss die CDU gegenüber ihrem Ergebnis bei der Wahl am 29. Februar 2004 einen leichten Verlust von 3,2 Prozent hinnehmen. Bei den knappen Mehrheitsverhältnissen in der Bürgerschaft – die CDU hat mit 63 von 121 Mandaten fünf Sitze Vorsprung vor SPD (41) und GAL (17) – reicht das aber für den harten Gang in die Opposition. Die Sozialdemokraten verbessern sich von 30,5 Prozent vor drei Jahren leicht auf 33 Prozent, die Grünen legen nur sanft von 12,3 auf 13,0 Prozent zu.
Damit deutet vieles darauf hin, dass auch in Zukunft nur drei Fraktionen im Plenarsaal des Rathauses Platz nehmen dürfen. Allerdings sind die FDP, die 2004 mit 2,8 Prozent aus Rechtskoalition und Bürgerschaft flog, und die Linkspartei nicht vollkommen chancenlos. Mit aktuell drei bis vier Prozent haben sie noch Aussichten, die Fünfprozenthürde zu überwinden.
Alle sonstigen Parteien kommen zusammen auf nur drei Prozent. Die Rechtsaußen NPD und DVU sowie „HeimatHamburg“ von Ex-Justizsenator Roger Kusch und das „Zentrum“ der Ex-Schillianer Dirk Nockemann und Norbert Frühauf werden der Hansestadt erspart bleiben.
Seit Februar 2005 führt Psephos dreimal jährlich eine Wahlumfrage durch – mit klarem Trend. Die CDU verliert leicht und stetig, die SPD legt in ebensolchem Maße zu, die GAL pendelt zwischen zwölf und 14 Prozent, FDP und Linkspartei bleiben stabil außen vor und die Sonstigen bedeutungslos.
Erhebliche Schwankungen aber zeigen sich bei einzelnen Personen. Der Bekanntheitsgrad von Ole von Beust ist zwar binnen zweier Jahre auf erschöpfende 100 Prozent gestiegen, aber nur 52 Prozent der HamburgerInnen würden bei einer Direktwahl des Bürgermeisters für ihn votieren. Auch seine Leistungen werden kritischer bewertet: Von der Schulnote 2,5 sank von Beust auf aktuell 2,9.
Einen großen Sprung nach vorne machte sein designierter Herausforderer Mathias Petersen. Der Sozialdemokrat, der nächsten Monat offiziell zum Spitzenkandidaten seiner Partei gewählt werden soll, verbesserte seinen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung um satte 22 Prozent. Mit 55 Prozent liegt er nun knapp hinter GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch (59%) und auf Augenhöhe mit den meisten Senatsmitgliedern. Bei einer Direktwahl würden inzwischen 23 Prozent Petersen zum Regierungschef wählen.
Die HamburgerInnen wollten „eben eine soziale Stadt“, kommentiert Petersen die Umfrage. Genau das sei „unser Thema“. Goetsch freut sich, „dass die Opposition insgesamt stärker geworden ist“. Das Zwischenergebnis sei „gut, kann aber aber noch besser werden“. Schmallippig nimmt dies CDU-Fraktionschef Bernd Reinert zu Kenntnis: „Unser Ziel bleibt die absolute Mehrheit.“ Das sei aber wohl, dämmert ihm, „kein Selbstgänger“.