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Archiv-Artikel

Steuervorwürfe gegen Glencore in Australien

RESSOURCEN Der britisch-schweizerische Rohstoffgigant knausert trotz Milliardenerträgen

Der Konzern betont, alle fiskalischen Vorschriften einzuhalten

CANBERRA taz | Viel Umsatz, wenig Steuern. Das scheint das Motto des Rohstoffkonzerns Glencore in Australien zu sein. Wie das Medienunternehmen Fairfax jetzt schreibt, hat Glencore Coal International Australia trotz eines Ertrags von mindestens 15 Milliarden Australischen Dollar – das sind rund 10,4 Milliarden Euro – in den letzten drei Jahren praktisch keine Abgaben an den australischen Fiskus geleistet. Das gehe aus einer Untersuchung eines mit der Firma vertrauten „Experten in multinationaler Finanzierung“ hervor. Den Namen des Fachmanns, der aus Sorge um die „zunehmende Steuervermeidung durch internationale Firmen in Australien“ aktiv geworden sei, wollte Fairfax nicht nennen. Es soll sich um eine „frühere internationale Führungskraft“ handeln, die „unabhängig von Glencore ist und von deren kommerziellen Rivalen“.

Glencore ist der größte Förderer von Kohle in Australien. Laut der Studie soll die Firma von Partnerunternehmen im Ausland Darlehen im Gesamtumfang von 3,4 Milliarden Australischen Dollar aufgenommen haben, zu einem Zins von bis zu 9 Prozent. Dies sei „doppelt so hoch, als wenn Glencore das Geld bei einer Bank geholt hätte“, so Fairfax. Die Zinszahlungen seien anschließend in der Steuererklärung als Abzüge verbucht worden. Gleichzeitig habe „der geheimnisvolle Multinationale mit Sitz in der Schweiz zinsfreie Darlehen zugunsten verbundener Parteien“ ausgegeben. Nutznießer dieser Praxis seien möglicherweise auch Führungskräfte von Glencore gewesen.

Die von Fairfax verwendete Quelle scheint direkten Zugang zu den Büchern des globalen Rohstoffhandelshauses zu haben. So habe die Untersuchung auch einen deutlichen Anstieg der Verkäufe von Kohle an Firmen zu Tage gebracht, die mit dem Unternehmen verbunden seien. Gründe dafür habe Glencore nicht angegeben. Dies sei ein Indiz für Gewinnverschiebung, eine Praxis, die in Konflikt mit australischem Steuerrecht stehe. Danach sind Schemen verboten, die zwar technisch durchaus legal sind, in erster Line aber zum Ziel haben, die Bezahlung von Steuern zu vermeiden. In den letzten Jahren hat das australische Steueramt mehrere Fälle „pseudolegaler“ Steuerverminderung erfolgreich juristisch verfolgt.

Glencore Australien reagierte und sagte, die Behauptung, die Firma habe in den letzten drei Jahren keine Steuern bezahlt, sei „absurd“. Das Unternehmen befolge „alle Steuervorschriften in Australien und in jedem Rechtssystem, in dem wir tätig sind“, so ein Sprecher. Die Firma habe in den letzten Jahren mehr als 8 Milliarden Australische Dollar in Form von Steuern und Lizenzabgaben abgeführt.

Das Rohstoffhandelshaus Glencore hatte 2013 in einer 236-Milliarden-US-Dollar schweren Übernahme das Ressourcenhaus Xstrata übernommen. Heute betreibt Glencore in Australien mehrere große Kohleminen, ist der weltweit größte Exporteur von Kraftwerkskohle und ein wichtiger Mitspieler in der Förderung und dem Vertrieb anderer Bodenschätze, vor allem Zink und Kupfer.

Das Verhalten von Rohstoffunternehmen in Australien steht derzeit im Rampenlicht. Laut einer Untersuchung der Denkfabrik Australia Institute unterstützte der australische Steuerzahler die hochprofitable Industrie in den letzten sechs Jahren mit Subventionen im Gesamtwert von 17,5 Milliarden. So genießen Rohstoffunternehmen einen substanziell verbilligten Preis für Dieseltreibstoff. Glencore ist nach den Marktführern BHP Billiton und Rio Tinto Nutznießer dieser Großzügigkeit. Gleichzeitig plant die konservative Regierung von Premierminister Tony Abbott, die Unterstützung nachhaltiger Industrien wie Wind und Sonne zu streichen. Auch eine Klimasteuer will Abbott abschaffen, weil sie der Konkurrenzfähigkeit der australischen Rohstoffindustrie schade.

Glencore hatte zuletzt in Peru Aufsehen erregt. Im Frühjahr verkaufte der Konzern seine Anteile an der peruanischen Las-Bambas-Kupfermine an ein chinesisches Konsortium. Dieses zahlte rund 4,22 Milliarden Euro für das Bergwerk in der Region Apurimac im Südosten des Landes. Peru ist der zweitgrößte Kupferproduzent der Welt, kein Land importiert mehr Kupfer als China. URS WÄLTERLIN