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Archiv-Artikel

„Dann auch Enten stopfen“

„Kulinarische Abenteuer“-Regisseur Heise über die Notwendigkeit von Koch-TV

taz: Herr Heise, brauchten wir wirklich noch mehr Koch-TV?

Volker Heise: Es gibt zu viele Kochformate, bei denen nur in die Töpfe geguckt wird. Dabei ist es doch viel spannender, was die Leute dabei reden, wie sie sind. Und woher die Produkte kommen: Es geht doch nicht nur darum, du hast ein Stück Fleisch, packst es aus dem Cellophan und schmeißt es in die Pfanne. Du willst doch auch wissen, woher das Fleisch stammt. Das war doch vorher eine Kuh oder ein Kalb oder ein Lamm: Woher sind die, wie wurden die aufgezogen? Wir wollten nicht immer nur die Oberfläche zu zeigen, sondern auch, was dahinterliegt. Das mag sich jetzt hochtrabend anhören, aber ich finde, dass ist auch der Auftrag, den man im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hat.

Der britische Kochstar Jamie Oliver hat fürs TV sehr erfolgreich Italien bereist – war das ein Vorbild?

Nein, obwohl Jamie Oliver ja auch mit einem VW – allerdings einem Bully – unterwegs war. Aber der fährt irgendwohin, spricht mit den Leuten, guckt sich das an – sagt: Oh, was für ein schöner Markt –, und weiter geht’s. Während wir immer versucht haben, Sarah Wiener dazu zu bringen, mit anzupacken. Sie muss wirklich ran – wenn Foie gras, dann auch Enten stopfen. Wenn es Äpfel gibt, müssen die erst mal gepflückt werden.

Setzt Ihre Produktionsfirma Zero Film jetzt nach „Schwarzwaldhaus“ und „Gutshaus“ den nächsten Trend?

Bei uns in der Firma haben alle geschrien: Oh Gott, jetzt machen wir auch noch Kochen! Aber wenn das Kochen doch etwas ist, was viele Menschen interessiert, womit sie viel verbinden – warum nutzt man das nicht, daraus etwas zu machen, was einen gewissen Mehrwert hat. Wir erzählen etwas über das Land, die Verhältnisse, die Produkte und können dem Zuschauer so mehr bieten als pure Unterhaltung mit ein paar Rezepten.

Ein TV-Kritiker hat im taz-Jahresrückblick 2006 dagegen das ultimative Ende aller Kochsendungen gefordert …

Da kann man auch sagen, es muss ein ultimatives Ende aller Sportsendungen oder TV-Ratespiele geben. Kochen war schon immer Teil des Fernsehens. Solange ich mich erinnern kann, gibt es Fernsehköche. Jetzt haben wir eine Kochwelle, was auch damit zu tun hat, dass sich das Fernsehen heute viel stärker mit den Alltagsproblemen der Menschen beschäftigt: Was koche ich jeden Tag, wie richte ich mich ein? Bis hin zu: Wie führe ich eine gute Beziehung, wie erziehe ich meine Kinder? Und es ist an uns, diese Fragen, die die Leute haben, produktiv umzusetzen.

Interview: Steffen Grimberg