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Archiv-Artikel

Spam der alten Schule

Dänemark ist genervt von seinen Gratiszeitungen: Nun will sogar die Regierung gegen die Papierberge vorgehen

„Ich habe Zettel an den Briefkasten geklebt, angerufen, Briefe geschickt, aber alles nützt nichts.“ Die frustrierte Dame aus dem Kopenhagener Stadtteil Østerbro ist nur eine von hunderten DänInnen, die in den letzten Wochen den Verbraucherorganisationen ihr Leid geklagt haben. Seit dem Spätsommer werden die dänischen Briefkästen von drei Gratiszeitungen verstopft – unaufgefordert zum Frühstück ins Haus geliefert. Die Schwemme hat jetzt auch die Regierung in Kopenhagen auf den Plan gerufen. Konsumentenminister Flemming Hansen hat den Verlagen nun eine letzte Frist bis zum 1. April gesetzt. Weisen diese bis dahin nicht funktionierende Systeme nach, wie sie nur noch die DänInnen mit ihren Produkten bedienen, welche nicht ausdrücklich Nein zur Papierflut gesagt haben, droht ein Gesetz – mit saftigen Bußgeldern für den Fall der Zuwiderhandlung.

Eine erste Frist hierzu war allerdings schon am 1. Januar abgelaufen, ohne dass sich der gewünschte Erfolg eingestellt hatte. Die Verlage hatten zwar Besserung versprochen, aber die ZustellerInnen kümmerten sich offenbar nicht um Briefkastenaufkleber und Nein-Listen, die sie mit auf den Weg bekommen, weil das viel zu zeitaufwendig ist. Für die BürgerInnen bedeutet das nicht nur, jeden Tag ein Bündel von unerwünschtem Müll in den Papiercontainer tragen zu müssen. Auch Einbrecher haben entdeckt, dass die Gratiszeitung von gestern, die da eventuell noch im Briefkasten steckt, mit einiger Sicherheit ein zeitweise nicht bewohntes Haus signalisiert.

„Wir haben den Gratiszeitungen eine Chance eingeräumt, ihre Zustellprobleme zu lösen“, konstatiert die medienpolitische Sprecherin der Dänischen Volkspartei, Louise Frevert: „Deshalb werden wir jetzt knallhart zuschlagen, wenn das nicht funktioniert.“ Im Parlament zeichnet sich eine ungewöhnlich breite Allianz von ganz links bis rechts außen für einen Stopp der Gratisplage ab. Linkssozialisten und Einheitsliste hatten bereits im Herbst einen Gesetzentwurf gegen Unerwünschtes im Briefkasten ins Parlament eingebracht, der neben der Gratispresse auch alle Werbesendungen umfassen sollte. Sie waren damit aber an den Regierungsparteien gescheitert, die den Verlagen noch eine Frist setzen wollten. Nun haben sich auch Sozialdemokraten und Konservative für ein Gesetz ausgesprochen, das mit Bußgeld droht, wenn der Wille der VerbraucherInnen nicht respektiert wird.

Für die Gratistageszeitungen ist der Unwille allzu vieler DänInnen, ihre Produkte entgegenzunehmen, nicht nur ein Zustellproblem. Schließlich beruht ihre Geschäftsidee ja darauf, die Werbekunden mit 100-prozentiger Haushaltsdeckung locken zu können. R. WOLFF, STOCKHOLM