: Doppelter Nachlass für Senioren
Nach Protesten gegen Preiserhöhungen beim HVV wollen die Parteien Zuschüsse für Arme einführen. Die Alten würden davon besonders profitieren. Umland-Bürger bleiben dagegen ohne Rabatt
Von Gernot Knödler
Von der geplanten Tarifreform beim Hamburger Verkehrsverbund (HVV) könnten alte Menschen besonders profitieren. Nachdem die angekündigte starke Verteuerung der Zeitkarten für Senioren auf Protest gestoßen war, ruderten die Parteien und der HVV zurück. Am Ende könnten arme Alte billiger fahren als genauso arme Junge.
Nach einem entsprechenden Auftrag der CDU-Bürgerschaftsmehrheit hatte der HVV Anfang Dezember ein neues Tarifmodell vorgestellt. Demnach sollten die Lasten zwischen den verschiedenen Fahrgastgruppen anders verteilt werden. Die Seniorenkarten und die nur außerhalb der Stoßzeiten gültigen CC-Karten sollten um acht Prozent verteuert werden. Im Gegenzug wollte der HVV ein Kurzstreckenticket für 1,30 Euro einführen und den Fahrpreis für bestimmte Strecken senken. Monatskarten für Familien wollte der Senat um fünf Euro rabattieren – allerdings nur für Hamburger Bürger.
Der neue Tarif stieß auf Protest: Die Diakonie verlangte eine Zeitkarte für Menschen mit geringem Einkommen. Bis Ende 2003 hatte der HVV so ein „Sozialticket“ angeboten. Die DGB-Senioren teilten mit: „Eine Fahrpreispolitik, bei der die Generationen gegeneinander ausgespielt werden, ist inakzeptabel.“
Besonders der Protest der Senioren hat die Politiker offenbar beeindruckt. Die Experten der Bürgerschaftsfraktionen einigten sich mit Vertretern der Stadtentwicklungsbehörde auf eine Änderung des HVV-Vorschlags: Demnach soll die Seniorenkarte nur um 4,7 statt um acht Prozent verteuert werden. Überdies solle der Fünf-Euro-Bonus nicht nur Familien sondern auch „finanzschwachen Menschen“ gezahlt werden. So steht es in einer Pressemitteilung des Senats.
Würde dieser Vorschlag von der Bürgerschaft übernommen, profitierten die Senioren doppelt: Bereits ohne den Sozialrabatt wäre ein Seniorenticket für den Großbereich Hamburg durch den verringerten Preisanstieg um 50 Cent billiger als ein CC-Ticket, obwohl es keine Sperrzeit am Nachmittag kennt. Zurzeit ist das Seniorenticket einen Euro teurer als das entsprechende CC-Ticket. Ein CC-Ticket, das werktags nur zwischen neun und 16 sowie ab 18 Uhr gilt, kann jeder kaufen. Die geringere Erhöhung beim Seniorenticket soll laut HVV dadurch gegenfinanziert werden, dass es solche Fahrkarten auch in Zukunft nur für den Großbereich und nicht wie ursprünglich geplant für kleinere Gebiete geben soll.
Die Verkehrsexperten der Fraktionen verwiesen gestern darauf, dass noch nichts entschieden sei. „Das ist noch in der Findungsphase“, versicherte Klaus-Peter Hesse von der CDU. Über die Preisgestaltung bei den günstigen Tickets solle noch gesprochen werden. „Wir sind froh, dass die ganz massive Erhöhung vom Tisch ist“, sagte Karin Timmermann von der SPD.
Für sie ist offen, ob nicht auch die CC-Karte weniger stark verteuert werden könnte als geplant. Zu diskutieren seien noch die Einkommensgrenzen für die Rabatte, etwa was mit Ein-Euro-Jobbern geschehen solle, die ja zum Arbeitslosengeld II hinzu verdienen dürfen. „Was grundsätzlich fehlt ist ein Sozialticket“, sagte Jörg Lühmann von der GAL.