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Archiv-Artikel

Die heile Apothekerwelt gerät ins Wanken

Die Kette DocMorris mit Sitz in den Niederlanden will in den nächsten Jahren 500 Apotheken in Deutschland eröffnen

FRANKFURT taz ■ Die Apotheker müssen sich warm anziehen. Ihre garantierten Festpreise für Medikamente und ihre Zuzahlungsmargen bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln könnten schon bald der Vergangenheit angehören. DocMorris, die größte Billig- und Versandapotheke Europas mit Sitz in den Niederlanden, kündigte gestern die Eröffnung von rund 500 Apotheken überall in Deutschland an. Ein Generalangriff auf den „letzten Berufsstand, der mit einer Lizenz zum Gelddrucken ausgestattet ist“, wie Vorstand Ralf Däinighaus schon 2006 bei der Eröffnung der ersten DocMorris-Apotheke im Gespräch mit der taz lästerte. Bei DocMorris zahlen Kassenpatienten nur die Hälfte der Zuzahlung für Medikamente. Rezeptfreie Mittel sind bis zu 30 Prozent billiger.

Zwar wurde die erste Apotheke in Saarbrücken schon wieder geschlossen – vorläufig. Ortsansässige Apotheker hatten geklagt. Die Kunden waren zur Konkurrenz gelaufen. Noch ist der Gerichtsbeschluss nicht rechtskräftig. Doch DocMorris hat sich bereits eine neue Strategie ausgedacht: Apotheken werden nicht mehr, wie in Saarbrücken, übernommen. Jetzt geht der Konzern eine Markenpartnerschaft ein. Etwa mit der Luisen-Apotheke in St. Wendel, die gestern unter dem Namen DocMorris neu eröffnete. Sie bleibt pharmazeutisch und wirtschaftlich unabhängig, erhält aber das Recht, Logo und Fachwissen von DocMorris zu nutzen. Gebietsschutz wird gewährleistet.

Schon nächste Woche wird in Norddeutschland eine Apotheke umfirmiert. Bis 2012 soll es in ganz Deutschland 500 DocMorris-Apotheken geben. Die neue Beteiligungskonstruktion hält das Unternehmen für „juristisch wasserdicht“. Sprecherin Katharine Bittel glaubt zudem, dass man auch die Auseinandersetzung um die Apotheke in Saarbrücken gewinnen werde. Die EU verlange freien Wettbewerb. Auch die Landesregierung steht auf der Seite von DocMorris: Konkurrenz belebe das Geschäft.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT