: Stoiber bleibt die Nummer eins
CSU-Parteispitze und Bundestagsfraktion stehen zum angeschlagenen Chef. Stoiber-Kritikerin Pauli erhält einen Korb: Keine Urwahl für das Amt des Ministerpräsidenten
MÜNCHEN taz ■ Das Präsidium der CSU hat dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Parteivorsitzenden Edmund Stoiber in einem Beschluss die „volle Rückendeckung“ für die kommende Landtagswahl zugesichert. Stoiber „ist und bleibt die Nummer eins in unserer Partei und in Bayern“, ließ das Präsidium verbreiten.
Den gestern einstimmig gefassten Beschluss verkündete der um Lässigkeit bemühte Stoiber höchstselbst. „Ich werde mich der Führungsverantwortung stellen“, bekannte Stoiber vor Journalisten. Er habe das richtige Programm und die Erfahrung, um die Stellung Bayerns als eines der erfolgreichsten Länder in Europa zu sichern.
Die Sitzung war dem Präsidium durch das Verhalten der Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU) mehr oder weniger aufgezwungen werden. Seit Wochen und auf allen Kanälen fordert Pauli, dass der nächste Ministerpräsident weder Stoiber heißen dürfe noch nach den bisherigen Regeln von der Landtagsfraktion bestimmt werden solle (siehe taz von gestern). Die 49 Jahre alte Landrätin will, dass die CSU-Mitglieder in einer Urwahl darüber abstimmen dürfen, wer sich für die CSU im Jahr 2008 um das Amt des Ministerpräsidenten bewirbt. Dieses Ansinnen hat das Präsidium gestern einstimmig abgelehnt.
Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl sagte vor Beginn der Präsidiumssitzung, dass Pauli mit ihrer Kritik die Stimmung vieler CSU-Mitglieder treffe: „Sie sagt die Meinung von vielen, das ist klar, aber nicht die Meinung von allen.“ Die stellvertretende CSU-Vorsitzende Barbara Stamm übte indirekt Kritik an Stoiber und ließ durchblicken, dass die Krise durch ein frühzeitiges Treffen des CSU-Chefs mit Pauli vielleicht hätte vermieden werden können. „Ich glaube, es ist immer besser, miteinander zu reden.“
Landtagspräsident und Präsidiumsmitglied Alois Glück sagte, andere Parteien in Deutschland hätten mit der Mitgliederbefragung schlechte Erfahrungen gemacht: „Das ist kein Weg, um dauerhaft handlungsfähig zu sein.“ Die CSU habe für die Meinungsbildung in der Partei ein sehr breit angelegtes Delegiertensystem, das die Basis stark in die Entscheidungsfindung einbinde. Sowohl Pauli als auch die CSU-Spitze hatten immer wieder für sich reklamiert, den Willen der Mehrheit der Basis zu vertreten. Glück, der die Zustimmung zu dem Beschluss organisierte, betonte, es gebe keine Führungskrise in der CSU. Der Erfolg seiner Partei gründe unter anderem „in der legendären Geschlossenheit“.
Auch die CSU-Landesgruppe im Bundestag unterstützt Stoiber, wenn auch teilweise aus anderen Gründen. Landesgruppen-Chef Peter Ramsauer sagte: „Mein Wunsch ist, dass die andere Seite (gemeint ist Gabriele Pauli, Anm. d. Red.) jetzt zur Sacharbeit zurückkehrt.“ Täte sie das nicht, fiele sie denjenigen in den Rücken, die in Berlin in der bundespolitischen Verantwortung stehen, sagte Ramsauer bei der Ankunft in Kreuth, wo die Landesgruppe sich alljährlich zu ihrer Klausurtagung trifft.
Die Bundes-CSUler wird im oberbayrischen Wildbad Kreuth vor allem der Streit um die Gesundheitsreform beschäftigen. Nach dem Hin und Her der vergangenen Wochen kündigte Ramsauer an, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die CSU verlassen könne. Auch Stoiber sagte, seine Partei sei „ein verlässlicher und berechenbarer Koalitionspartner“. Damit die Reform gelinge, dürfe Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bei den Regelungen für die private Krankenversicherung nicht über die Eckpunkte der großen Koalition hinausgehen.
Stoiber kündigte zudem eine neue Formulierung für die „Bayern-Klausel“ an, die Mehrkosten für Kassen einzelner Länder auf 100 Millionen Euro begrenzen soll. „Wenn es über 100 Millionen hinausgeht, muss es einen Ausgleich geben.“
DOMINIK SCHOTTNER
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