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Archiv-Artikel

E-Mail verärgert OB

Düsseldorfs CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin will keine „braune Natter im Pelz einer Schwarzdrossel“ sein

Etwas verwirrt wirkt sie schon, jene Mail, mit der sich derzeit das Düsseldorfer Amtsgericht beschäftigen muss. Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin, so heißt reichlich verquer in dem elektronischen Schreiben, sei „eine braune Natter im Pelz einer Schwarzdrossel“.

Nicht nur ein schiefes, auch noch ein ungewohntes Bild: Eigentlich ist es Erwin, der dafür berühmt und berüchtigt ist, kräftig austeilen zu können. Wenn ihn etwas nervt, dann nimmt der Christdemokrat nur selten ein Blatt vor den Mund. Entsprechend bekannt ist der OB als Freund deutlicher, bisweilen auch deftiger Worte. Bis heute unvergessen ist beispielsweise sein bizarrer Streit mit dem linken Ratsherrn Frank Laubenburg. Den hatte Erwin seinerzeit als „verrückten Kommunisten“ bezeichnet. Was Laubenburg dazu bewog, juristisch gegen das christdemokratische Stadtoberhaupt vorzugehen. Und das Düsseldorfer Landgericht gab dem Linken recht: Die Äußerung Erwins habe die Grenze zur Schmähkritik überschritten und sei entsprechend als ehrverletzend zu beurteilen. Reue zeigte Erwin indes nach dem Urteilsspruch nicht. Stattdessen übte er Justizschelte: „Es ist schon verwunderlich, wie die letzten Protagonisten kommunistischen Denkens deutsche Gerichte für ihre Öffentlichkeitsarbeit instrumentalisieren können.“

Nun hat es also ausgerechnet Erwin selbst erwischt. Absender der „Braunen Natter“-Mail, so heißt es, soll ein 44-jähriger Mann sein. Animiert zu seinem am im Juni 2006 abgeschickten verwirrt-wüsten Schreiben soll ihn das Eintreten des OBs für die heftig umstrittene Vergabe des Heinrich-Heine-Preises an den Schriftsteller Peter Handke haben. Unter den „politischen Kräften der Stadt“, hatte Erwin seinerzeit die Preisverleihungsgegner im Rat kritisiert, fehle „den meisten an Schneid“. Letztendlich verzichtete Handke auf den Preis.

Nun bekommen Politiker und Amtsträger täglich sonderbare Mails. In der Regel bewältigen sie das Problem mit der Betätigung der Löschtaste. Doch nicht in diesem Fall. Denn Erwin will es jetzt Laubenburg gleich tun – und hat gegen den unflätigen Mailschreiber Strafanzeige wegen Beleidigung gestellt. Und die Staatsanwaltschaft hat eine Geldstrafe von 450 Euro beantragt. Aber der zuständige Amtsrichter will den Strafbefehl nicht unterschreiben. Wegen Geringfügigkeit sollte das Verfahren besser eingestellt werden.

PASCAL BEUCKER