DIE EU-POLITIK GEGENÜBER WEISSRUSSLAND IST EIN SCHWERER FEHLER : Lukaschenko steht dem Kreml im Weg
Vor einiger Zeit wurden die Zuhörer des Senders „Echo Moskwy“ animiert abzustimmen, wen sie als zukünftigen Präsidenten Russlands möchten – Alexander Lukaschenko oder Wladimir Putin. Fast 70 Prozent votierten für Lukaschenko. Das Regime des weißrussischen Diktators, in dem soziale Gleichheit und Sicherheit herrschen, entpuppte sich als Traum einfacher Russen. Allerdings funktioniert das nur dank massiver russischer Subventionen in Form billiger Energieträger.
Damit sollte nun Schluss sein, denn Lukaschenko weigerte sich seit Jahren, die Pipelines und die Ölverarbeitung – Garanten seiner Souveränität– unter die Kontrolle des Kremls zu stellen. Obwohl Russland und Weißrussland eine Zollunion eingegangen sind, hatte die russische Regierung am 8. Dezember einen Zoll für den Ölexport eingeführt und außerdem am Jahresende einen Vertrag durchgesetzt, der eine Verdopplung des Gaspreises und eine 50-prozentige russische Beteiligung am Gasnetz festschreibt. Um die Einnahmeausfälle auszugleichen, führte Lukaschenko seinerseits einen Ölzoll ein – woraufhin der Pipeline-Betreiber Transneft die Lieferungen durch Weißrussland einstellte.
Die Absicht des Kreml dabei war, die Versorgung des Westens zu sichern und den Ausfall der milliardenschweren Einnahmen zu stoppen. Beim Vormarsch nach Europa steht Lukaschenko der Energie-Großmacht im Wege. Die Frage ist nun, ob der eitle Diktator angesichts der drohenden Ölknappheit in der EU den Kreml zum Einlenken zwingen kann oder ob Moskau seinen Würgegriff abschwächen muss, um die Beziehungen mit dem Westen nicht noch stärker zu belasten.
Vor dem Hintergrund des Handelskriegs entpuppt sich die Isolation Weißrusslands durch die EU als schwerer Fehler. Da die weißrussische Elite keine Verbündeten im Westen hat, wird sie mit Moskau gegen Lukaschenko kollaborieren müssen. Sein Untergang würde somit das Ende Weißrusslands als unabhängigen, potenziell durchaus demokratiefähigen Staates bedeuten. Für die EU sollte die Souveränität Weißrusslands wichtiger sein als der Wunsch, Lukaschenko um jeden Preis loszuwerden. SONJA MARGOLINA