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„Wir sind pfiffiger als die Münchner Unis“

Die Humboldt-Universität bewirbt sich heute mit einem radikalen Konzept erneut um den Rang einer Elite-Hochschule, sagt ihr Präsident Christoph Markschies. Sollte auch dieser zweite Versuch scheitern, bietet er seinen Rücktritt an

taz: Herr Markschies, warum sollte die Humboldt-Universität in den Kreis der Elite-Unis aufgenommen werden?

Christoph Markschies: Weil die Humboldt-Uni aufgrund ihrer zentralen Lage und ihrer besonderen Geschichte dafür prädestiniert ist. Hier wurden nach der Wende vorzügliche Professoren berufen, hier werden lebendige Diskussionen um die Verwirklichung einer Humboldt’schen Universität geführt.

Hmm, könnten Sie das auch einem Schultheiß-Berliner erklären?

Ja, wir sind ärmer als die Münchner Universitäten, aber pfiffiger.

Was haben Sie gegenüber ihrem gescheiterten ersten Antrag diesmal verändert?

Beinahe alles. Wir schlagen diesmal eine radikale Veränderung der Universität vor – strukturell wie inhaltlich. Wir wollen so den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden.

Auch das versteht nicht jeder.

Es ist bekannt, dass die exzellente Forschung aus den Universitäten hinausgewandert ist, etwa in die Max-Planck-Institute. Dieser Prozess begann vor 100 Jahren in Berlin, und wir kehren das jetzt um. Wir gründen große Institute innerhalb der Universität, die sich großen Themen widmen …

zum Beispiel …

… den Lebenswissenschaften. Bei uns sieht das aber anders aus als an anderen Unis. Hier werden nicht nur Medizin und Biologie an Bord sein, sondern auch die Philosophie. Die Geisteswissenschaftler erklären, wenn die Naturwissenschaften etwa über die Entstehung des Willens im Hirn forschen, was Willensfreiheit philosophisch bedeutet.

Wenn die Humboldt-Uni heute schon in der Vorauswahl scheitern sollte, welche Konsequenzen hätte das – für Berlin und für Sie?

Ich spekuliere da nicht gerne, allein schon, weil ich von der Exzellenz dieser Universität überzeugt bin. Sollten wir aber tatsächlich heute nicht in die Endauswahl kommen, muss man durchaus ein ernstes Nachdenken über persönliche Konsequenzen in Betracht ziehen. Jedenfalls dann, wenn es hieße, der Antrag sei schlecht.

Berlin ist ja auch dann in einer speziellen Situation, wenn die FU und HU Elite-Unis werden – dann müssten die anderen Hochschulen wohl bluten?

Ich kenne den Finanzsenator anders als Sie: Er ist sich bewusst darüber, dass die Wissenschaft eine besondere Stärke dieser Stadt darstellt.

INTERVIEW: CHRISTIAN FÜLLER

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