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Archiv-Artikel

Der Charme von Schaltkreisen

TRANSMEDIALE II Technik aneignen mit Mary Poppins: feministisches Roboterbasteln

Arduina ist viereckig und grün und nur in feministischen Workshops wie diesem eine Dame

Feminismus ist Selbermachen: Do it yourself ist das Motto eines Workshops, der auf der Transmediale Frauen in Elektrobasteln und Hardwarehacken schulen soll. Technik entmystifizieren, lautet das Ziel der rund 20 Künstlerinnen, die lernen wollen, wie interaktive Technik gebaut werden kann. Dafür versammelten sie sich am Donnerstag und Freitag im Haus der Kulturen der Welt. Gruppiert um einen Tisch im unteren Foyer, zwischen Shop, Café und Ausstellungsräumen, sitzen sie dann ein bisschen wie die Tiere im Zoo – denn wenn Frauen in der Öffentlichkeit Roboter und Lichtmaschinen bauen, dann scheint das kurios. „Bitte nicht filmen“, wehrt Stephanie Wuschitz Schaulustige ab, die vom oberen Stockwerk auf den feministischen Bastelkreis schauen.

Wuschitz ist Gründerin des Künstlerinnenkollektivs Miss Baltazar und Leiterin des Workshops. Die Wienerin hat auf dem Tisch ein „elektronisches Buffet“ aus Drähten und Mini-LED-Lichtern. Ein Mikrocontroller liegt wie ein leerer Teller vor jeder Teilnehmerin, auf seiner Oberfläche Anschlüsse für die Drähte und die Lichter. Die Frauen sollen Schaltkreise bauen. Ist alles richtig verkabelt, leuchten am Ende die roten LED-Lichter. „Der Controller kann viel Magie bewirken“, verspricht Stephanie, „wie diese Dame hier.“ Sie zeigt auf ein Bild von Mary Poppins auf dem Flatscreen neben ihr. Der Hersteller des Mikrocontrollers heißt Arduino. „Heute dürft ihr sie Arduina nennen“, versichert Wuschitz mit einem Grinsen. Arduina ist viereckig und grün und nur in feministischen Workshops wie diesem eine Dame. Anders das LillyPad, ein weiterer Mikrocontroller: Er ist rund, und die Anschlüsse, in die Drähte und Lichter gesteckt werden, sind in einem lilafarbenen Blumenmuster angeordnet. Auch in feministischen Workshops ist Technik erst mal männlich und als verweiblichtes Sonderprodukt Selbstironie.

Wer das LillyPad zum Anknipsen von Rotlicht benutzt, muss dann noch eine weitere weibliche Tugend beherrschen: „Auf dem LillyPad muss eure LED-Lady die Beine ein bisschen weiter spreizen“, erklärt Wuschitz. Die Anschlüsse für die Drähte an dem Licht liegen weiter auseinander. Die Workshopleiterin zeigt auf dem Screen, was aus solchen Basteleien einmal werden kann. Eine Freundin von ihr hat ein Notfallamulett konstruiert: Sollte die Trägerin angegriffen werden und die gläserne Hülle des Halsbands zerbrechen, wird ein Chip aktiviert, der Signale an das Handy der Trägerin sendet. Das ruft automatisch die Polizei. Interaktive Beschützerinnenkunst also. Dafür lohnt sich das Beinespreizen allemal. CAROLIN KÜTER