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Archiv-Artikel

Signale für eine neue Wachheit

Der öffentliche Raum und das kulturelle Gedächtnis: Die Akademie der Künste Berlin-Brandenburg geht auf Gegenkurs zum Image der verschnarchten Künstlersozietät und stellt die Schwerpunkte ihres Programms 2007 vor

Wenn Ende Januar die Transmediale, ein Festival für digitale Kunst und Kultur, zum zweiten Mal in der Akademie der Künste am Hanseatenweg eröffnet wird, kann der Besucher wieder mit einem dort ungewohnten Bild rechnen: Hunderte von jungen Leuten werden wieder in aufgeregten Gesprächen und kleinen Gruppen die Foyers bevölkern. Selten sah die Akademie so jung und so sehr nach einem euphorischen Arbeitsbegriff in der Kunst aus wie bei diesem erstem Kooperationsprojekt mit der Transmediale vor einem Jahr.

In der Pressekonferenz im Haus am Pariser Platz, auf der gestern Akademiepräsident Klaus Staeck und der neue Programmbeauftragte Johannes Odenthal gemeinsam das Programm für 2007 vorstellten, war das nur einer von 150 Programmpunkten – aber doch einer von denen, mit denen man dem Bild vom schnarchenden Akademikerverein beizukommen sucht. Dass Christoph Schlingensief nächste Woche seine Zelte mit den „Piloten“, einer Installation samt Talkshow, für 14 Tage in der Akademie am Pariser Platz aufschlagen wird, rechnete Staeck ebenso zu den Zeichen der Wachheit wie die zu Ende gehende Ausstellung von Hans Haacke. Beide Künstler fragen nach dem Umgang mit dem öffentlichen Raum und dem Verhältnis von Öffentlichkeit, Politik und Kunst. Auch das soll 2007 ein Schwerpunkte sein.

Schon im Februar wird mit „RAUM. Orte der Kunst“, erstmals in beiden Häusern der Akademie, der Anfang gemacht, der Veränderung von Raumkonzepten in der Gesellschaft und der Kunst des 20. Jahrhunderts nachzuspüren. Im Mai wird „die Stadt von morgen“ einen Dialog zwischen der Architektur des Hansaviertels und zeitgenössischen Künstlern anzetteln, der die gesellschaftlichen Visionen der Stadtplanung nach dem Krieg befragt. Ein drittes Projekt soll dem Beginn der ökologischen Diskussion nachgehen und der Frage, warum so viele Aufgaben von der Architektur und Stadtplanung an die Politik abgegeben wurde. Ein Themenblock also, der in den Häusern der Akademie selbst stets auch sein erstes Anschauungsmodell hat.

Johannes Odenthal ist der erste Programmbeauftragte der Akademie. Seine Position wurde unter anderem geschaffen, um das Nebeneinander der Sektionen zu überwinden und thematische Linien zu bündeln. Er gab eine kurze Skizze von seiner Sicht der Aufgabe: Die Akademie der Künste ist nicht nur Veranstalter, sondern ihre Struktur wird vor allem von den Mitgliedern getragen, und sie verfügt über große Archive. Über 600 Regalmeter an neuen Archiven kamen 2006 hinzu, allein 70 von dem Schauspieler Ekkehard Schall und 280 von Walter Kempowski: Damit ist die Akademie ein Zentrum des Wissens und des kulturellen Gedächtnisses, das oft aber nur unzureichend sichtbar wird. Aus diesem Schatz mehr Kapital zu schlagen kann, darin besteht die Herausforderung. Ein neues Format dafür ist die Künstler-Nacht: Die Werke von Nam June Paik, Alfred Döblin und Ruth Berghaus sollen damit 2007 in Erinnerung gerufen werden.

KATRIN BETTINA MÜLLER