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Archiv-Artikel

kabinenpredigt Dezente WM

Bob Hanning hat den lockersten Job aller zwölf WM-Botschafter. Seine Aufgabe, Berlin bei der Handball-WM zu präsentieren, ist überschaubar. Er betreut am Freitag das Eröffnungsspiel in der Max-Schmeling-Halle – dann ist Feierabend. Bei den 91 folgenden Partien stehen seine Kollegen aus den anderen elf Veranstaltungsorten deutlich öfter in der Pflicht.

Diese Woche jedoch hat Hanning, auch Manager der Füchse Berlin, noch zwei, drei Termine wahrzunehmen. Heute etwa muss er zur Mini-Handball-WM der Berliner Grundschulen ins Horst-Korber-Zentrum. Dort haben sich laut einer Pressemitteilung 32 Teams gemeldet, die jeweils einer an der WM teilnehmenden Nation zugeordnet werden sollen. Den Veranstaltern scheint entgangen zu sein, dass bei „den Großen“ nur 24 Mannschaften teilnehmen dürfen.

Kein Grund, sich zu grämen. Es weiß eh kaum jemand so richtig Bescheid über dieses Turnier. Das brachte vergangene Woche die Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts ans Licht. Nur eine Minderheit war darüber informiert, dass die WM in Deutschland stattfindet. Und mehr als 80 Prozent kennen nicht einmal einen einzigen deutschen Nationalspieler mit Namen.

Über so viel Ignoranz wird sich Hanning nicht wundern. Vor kurzem legte der WM-Botschafter nämlich seine diplomatische Zurückhaltung ab und kritisierte unverblümt die schlechte Vermarktung des Handballgroßereignisses. In Berlin, so Hanning, hätte er nicht ein Plakat gesehen, das auf das Turnier hinweise.

Dieses Schattendasein hat aber auch seine Vorteile. Wer redet heute noch von der Auslosung zur Handball-WM, die letzten Sommer in Berlin stattfand? Wer weiß von dem Weltverbandsfunktionär, der damals auf dem Boden krabbelnd nach einem Los suchte? Oder von den WM-Gruppen, die zuerst aufgrund der unverständlichen Aussprache des Auslosenden anders zusammengestellt als gezogen wurden? Oder vom Absturz des Computerservers, der die Präsentation der Ziehung zeitweilig unmöglich machte? Wäre all dies bei der Fußball-WM passiert, es gäbe wahrscheinlich ein Handy-Video in Internet, das heute noch die besten Downloadzahlen in Deutschland erzielen würde. Also aufgepasst, Bob Hanning: Zu viel Aufmerksamkeit kann auch imageschädigend sein. Johannes Kopp