: Der Kandidat und seine Partei
Heftige Kritik von SPD-Kreischefs am Vorsitzenden Mathias Petersen. Seine Spitzenkandidatur im Bürgerschaftswahlkampf ist fraglich, wenn er bis Freitag kein überzeugendes Konzept präsentiert
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Offen reden will niemand, offenherzig formulieren aber können manche schon, sofern ihnen Anonymität zugesichert wird. „Wir können doch nicht ewig die Arschbacken zusammen kneifen“, sagt also ein Mitglied des zehnköpfigen Hamburger SPD-Landesvorstandes über Parteichef Mathias Petersen. „Er musste sich einfach mal anhören, was einem so stinkt.“
Und es war nicht wenig, was der 51-Jährige sich anhören musste von einem Großteil der Parteiführung. Mit dem Effekt, dass Petersens offizielle Kür zum SPD-Spitzenkandidaten im Bürgerschaftswahlkampf sehr wahrscheinlich erst im April stattfinden wird. Oder auch gar nicht.
Der von Petersen anvisierte Krönungsparteitag am 17. Februar jedenfalls dürfte nicht stattfinden nach der heftigen Kritik, die ihm am Sonntagabend um die Ohren flog. Fünf der sieben SPD-Kreisvorsitzenden lehnten Petersens Wunschtermin rundweg ab und lasen ihm stattdessen die Leviten. Eine „klare Wahlkampfstrategie“ forderten sie ein, deutliche „inhaltliche und thematische Festlegungen“, verlässliche Absprachen mit Landesvorstand und Fraktionsführung und den Verzicht auf „unkoordiniertes Vorpreschen“.
Im Klartext bedeute das, sagt einer der Kreischefs, dass Petersen „Teamfähigkeit beweisen“ müsse und auf Alleingänge verzichten solle wie seine umstrittene Forderung, Namen und Adressen von Sexualstraftätern im Internet zu veröffentlichen.
Streit in der Politik sei „so selbstverständlich wie Stürme im Winter“, beschwichtigt Petersen hingegen. Und versichert, er lasse sich „nicht so leicht umpusten“. An seiner Kandidatur als Herausforderer von CDU-Bürgermeister Ole von Beust halte er „selbstverständlich“ fest. Wenn es aber aus der Partei einen Gegenkandidaten geben sollte, „machen wir eben eine Mitgliederbefragung unter der Basis“. Zugleich räumte Petersen ein, dass es „eine kritische Situation“ gebe. Darüber müsse „offen und konstruktiv debattiert“ werden.
Am Freitagabend hat Petersen dafür die nächste Gelegenheit. Dann soll er dem Geschäftsführenden Landesvorstand überzeugend erläutern, wohin er Hamburgs SPD steuern will. In dem Gremium sitzen Petersen, seine beiden Stellvertreter Dorothee Stapelfeldt und Wandsbeks Kreisfürst Karl Schwinke, die weiteren sechs Kreisvorsitzenden und Landesschatzmeister Harald Christ.
Auf eine „gewisse Grundeinsicht“ an diesem Abend hofft einer seiner Kritiker: „Dann können wir weitermachen.“ Denn ein Sturz des Mannes, der seit langem designierter Spitzenkandidat ist, „wäre natürlich nur die zweitbeste Lösung“. Denn eigentlich, sagt er, „kann Mathias das, aber es geht nur mit der Partei“.
Zur Besonnenheit ruft eine andere Stimme auf. Es sei zwar wichtig, dass „sachliche, wenn auch teils harsche Kritik geäußert wurde“, notwendig sei es nun aber, „wieder zu deeskalieren“. Denn die Probleme seien „durchaus lösbar“. „Lieber jetzt den Ärger durchstehen als zu spät“, findet ein weiterer Spitzen-Genosse. Ob Petersen im Februar oder im April gekürt werde, sei zweitrangig: „Wichtig allein ist, dass die Partei ihn will.“ Und zwar möglichst geschlossen.