Für ein Plakat droht Knast

PROZESS Im Verfahren um das Plakat „Schanze abwerten“ kommt es zu einer Demonstration

Demo im Landgericht: Besucher ziehen ihre Regenjacken aus und zeigen T-Shirts mit dem im Prozess inkriminierten Plakat: Es zeigt ein kurzzeitig besetztes Haus in der Juliusstraße, einen brennenden Peterwagen sowie eingeschlagene Scheiben im Schanzenviertel. Titel: „Schanze abwerten“. Richterin Ulrike Schönfelder verzichtet auf polizeiliche Maßnahmen, wertet die Aktion als „Meinungsäußerung“.

Angeklagt ist – mal wieder – Gentrifizierungs-Gegnerin Claudia Falke. Sie soll etwas mit dem Plakat zu tun haben. Das Amtsgericht hatte Falke wegen „Billigung“ einer Straftat zu einer geringen Geldstrafe verurteilt. Fest steht nur, dass die Schanzenviertel-Bewohnerin sich am Abend, als die Plakate verklebt wurden, in der Schanzenstraße aufgehalten hat. Bei einer Razzia in der Taverna Plaka wurde bei ihr zwar ein Pinsel gefunden, aber keine Klebstoffe.

Ein junger Bereitschaftspolizist gab im Prozess an, vor Falke werde bereits im einwöchigem Einführungskurs bei der Bereitschaftspolizei gewarnt. Richterin Schönfelder macht keinen Hehl daraus, dass sie die Aktivistin wegen „Aufrufs zu einer Straftat“ zu einer Freiheitsstrafe verurteilen will, denn nach Recherchen im taz-Archiv war Schönfelder zu der Überzeugung gelangt, dass Falke Geldstrafen ohnehin nicht selber zahle.

Am vorigen Verhandlungstag hatte die Richterin auf die Bitte von Falke nach frischer Luft in der Verhandlungspause gesagt, wenn Falke nicht so viele Unterstützer mobilisiert hätte, wäre „die Luft auch nicht so schlecht“ – für Verteidiger Andreas Beuth und Ingrid Witte-Rohde Grund für einen Befangenheitsantrag.

Richterin Schönfelder hat schon einmal Rechtsgeschichte schreiben wollen. Im Prozess um die Verwendung der Formel ACAD (All Cops Are Bastards) sah sie entgegen der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts eine Beleidigung. Das Verfahren liegt zur Revision beim Hanseatischen Oberlandesgericht.  KVA